Der gläserne Bürger: Seehofers wirkungsloser Kampf gegen Datenklau

  19 Januar 2019    Gelesen: 749
  Der gläserne Bürger: Seehofers wirkungsloser Kampf gegen Datenklau

Nach der Veröffentlichung von Daten deutscher Abgeordneter Anfang Januar ist jetzt ein weiterer Datensatz mit Millionen gestohlener Passwörter aufgetaucht. Die Bundesregierung wirkt hilflos, der Innenminister macht keine gute Figur. Wie gläsern ist der Bürger heute? Und was kann effektiv gegen Datenklau getan werden? Die Antwort ist ernüchternd.

Im Internet ist in dieser Woche ein gewaltiger Datensatz mit gestohlenen Log-in-Informationen aufgetaucht. Darin enthalten sind laut Experten knapp 773 Millionen E-Mail-Adressen und über 21 Millionen lesbare Passwörter. Es ist nicht der erste Fall in diesem Jahr: Anfang Januar veröffentlichte ein mutmaßlicher Hacker aus Hessen massenhaft geheime Daten von deutschen Abgeordneten und Prominenten. Die angekündigten Sicherheitsmaßnahmen der Bundesregierung sind allerdings höchst zweifelhaft.

Purer Aktionismus?

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte beispielsweise ein so genanntes „Cyber-Abwehrzentrum Plus“ gefordert und neue Gesetze zur Cybersicherheit ins Gespräch gebracht. Dies sei allerdings der völlig falsche Weg, ist sich der Linke-Politiker Dr. André Hahn sicher. Er sitzt für seine Partei im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste:

„Für mich ist das purer Aktionismus. Jetzt immer nach neuen Gesetzen zu rufen, oder nach Verschärfungen, ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg. Da muss man die Anbieter in die Pflicht nehmen, sowohl die sozialen Netzwerke als auch die Hersteller von Hard- und Software.“

Hahn war selbst von dem jüngsten Datendiebstahl betroffen, auch von ihm wurden Anfang des Jahres sensible Daten veröffentlicht.

​Für den Linke-Politiker geht es im Kern aber darum, dass der Schutz von Daten aller Bundesbürger weiterhin gefährdet sei. Vor allem die sozialen Netzwerke Facebook oder Twitter sind André Hahn dabei ein Dorn im Auge, denn diese würden nur unzureichend ihre Nutzer schützen:

„Es kann nicht sein, dass der Profit im Vordergrund steht. Und ich glaube, dass es wirklich wichtig ist, dass man die Bürgerinnen und Bürger sensibilisiert, sie auch aufmerksam macht, welche Schutzmöglichkeiten es gibt. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen.“

So gebe es laut Hahn zum Beispiel die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sichere Grundeinstellungen bei Computern und Handys, darüber müsse besser informiert werden. Auch hätten manche amerikanische und chinesische Anbieter häufig „Hintertüren“ in ihre Software eingebaut, in die Geheimdienste einsteigen könnten. Dies sei auch ein Einfallstor für Kriminelle.

Der Staat könnte handeln …

Neue Gesetze müsse man nach dem Willen von André Hahn im Einzelfall zwar prüfen, wichtiger sei es aber, bestehende Gesetze tatsächlich umzusetzen. Als Voraussetzung müsse dabei aber gelten, die Grundrechte jedes einzelnen Bürgers nicht weiter zu beschneiden. Auch müsse die Regierung intern wirksame Maßnahmen ergreifen:

„Der Staat ist einer der größten Auftraggeber für bestimmte Computersoftware und vieles mehr. Man sollte also nur Computer und Software anschaffen, die entsprechende Sicherungsmechanismen haben. Dann wirkt tatsächlich der Marktmechanismus, dann müssen Anbieter ihre Technik so verändern, dass sie wieder Käufer finden. Ich kann bei Großaufträgen deutlich machen, was ich für Erwartungen an die Anbieter habe.“

Wenn dies bei einigen Anbietern nicht entsprechend funktioniere, könne man laut Hahn auch über neue Lösungen nachdenken. Inzwischen sei Deutschland sehr abhängig von wenigen Anbietern, das dürfe nicht so bleiben, da habe der Staat Steuerungsmöglichkeiten.

Mit Blick auf den Datenklau Anfang Januar hätten Innenministerium und Bundesamt für die Informationstechnologie eine schlechte Figur gemacht, so der Abgeordnete Hahn. Vor allem, da bestimmte illegale Vorgänge im Netz bereits weitaus früher bekannt waren, allerdings nicht gehandelt worden sei:

„Es sind sehr viele Personalstellen aufgestockt worden bei den Sicherheitsbehörden, gerade bei dem Schutz vor Cyber-Attacken. Und dann stellt sich die Frage, was machen die eigentlich? Es ist nicht akzeptabel, dass Abgeordnete aus den Medien erfahren, dass ihre Daten irgendwo im Internet kursieren und gesammelt werden, bis hin zu ganz privaten Daten.“

Die Diskussion über Datensicherheit hat womöglich also gerade erst angefangen. Die Opposition im Bundestag drängt außerdem darauf, dass Innenministerium und Sicherheitsbehörden mehr Personal und Geld in die Cybersicherheit investieren und die staatlichen Stellen im Kampf gegen Cyberkriminalität besser vernetzt werden.

sputniknews


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