Shutdown wird zum nationalen Sicherheitsrisiko

  23 Januar 2019    Gelesen: 751
Shutdown wird zum nationalen Sicherheitsrisiko

Die längste Haushaltssperre der US-Geschichte bedroht inzwischen die ganze Nation, Sicherheitsbehörden wie dem FBI geht das Geld aus. Sie warnen nun: Vom Shutdown profitieren Kriminelle und Terroristen.

 

US-Präsident Donald Trump liegt seit Langem mit dem FBI über Kreuz: Er beschimpft die Bundespolizei, seit sie in der Russlandaffäre gegen sein Wahlkampfteam und offenbar auch gegen ihn selbst ermittelt. Deshalb feuerte er FBI-Chef James Comey und Vize Andrew McCabe. Deshalb wütet er gegen Ex-FBI-Chef und Russland-Sonderermittler Robert Mueller. Deshalb nennt er die restlichen FBI-Agenten "korrupt".

Nun scheint Trump einen Weg gefunden zu haben, den größten US-Justizapparat quasi hintenrum lahmzulegen - mit dem Shutdown.

Mehr als 32 Tage dauert die längste Haushaltssperre der US-Geschichte bereits. Doch ein Ende des Zanks, den Trump mit seiner Forderung nach einer Grenzmauer zu Mexiko provoziert hat, ist nicht in Sicht - vor allem aufgrund der Sturheit des Präsidenten.

So ruht der Betrieb in acht Ministerien und Behörden weiter. Und das schadet nicht nur den 800.000 Regierungsangestellten, die seit Weihnachten kein Gehalt mehr bekommen haben. Sondern zusehends auch der staatlichen Sicherheit der gesamten USA, die von vielen dieser Angestellten aufrechterhalten wird, oft mühsam und im Stillen: Ihre Einzelschicksale häufen sich zum nationalen Notstand.

Betroffen ist etwa das nach den 9/11-Terroranschlägen gegründete Heimatschutzministerium mit dem Zoll, dem Grenzschutz, dem Secret Service und der für Flughäfen zuständigen Transportation and Security Administration (TSA). Dort sind viele Mitarbeiter "essenziell", müssen also trotzdem antreten - wenngleich ohne Geld. Schon verweigerten am Wochenende zehn Prozent aller TSA-Beamten frustriert den Dienst.

Auch die meisten FBI-Agenten müssen unbezahlt weiterrackern. Die Folgen für die Beamten, aber auch für die landesweite Kriminalitätsbekämpfung, offenbart nun die FBI Agents Association (FBIAA), der Berufsverband der mehr als 14.000 aktiven und pensionierten FBI-Agenten: In einem 72-Seiten-Bericht hat sie die Klagen ihrer Mitglieder zusammengestellt.

Sowohl die FBI-Zentrale wie alle 56 örtlichen Filialen bekämen die Konsequenzen des Shutdowns mittlerweile schmerzhaft zu spüren, heißt es da. Geld- und Personalnot beeinträchtigten die Ermittlungen immer mehr und verzögerten viele Verfahren. Wovon die Kriminellen profitierten - Terroristen, Drogendealer, Gangs, Kinderhändler.

"Wir können keine Informanten mehr bezahlen", schreibt ein Antiterrorbeamter. "Wir riskieren, sie und die Informationen, die sie liefern, dauerhaft zu verlieren. Das ist kein Schalter, den wir an- und ausstellen können." Reisekosten würden nicht beglichen, Vorladungen nicht ausgesprochen, und selbst Material, das an die Geheimdienste und sogar den Präsidenten gehe, lasse sich nicht länger erstellen.

"Wir haben keine Autoreifen mehr", vermeldet ein Agent. "Unsere Automechaniker schlachten Dienstwagen aus, um platte Reifen zu ersetzen." Auch gehe ihnen das Zubehör für kriminaltechnische Ermittlungen aus, etwa Spurensicherungsfilter oder DNA-Prüfsätze. Ein anderer klagt, er könne sich nicht mal mehr eine SIM-Karte leisten.

"Der Shutdown hat uns jeden Handlungsspielraum genommen", berichtet ein Spezialagent, der nach eigenen Angaben gerade gegen eine mutmaßliche terroristische "Topbedrohung" im Einsatz ist. "Wir fürchten, dass der Feind weiß, dass er sich frei bewegen kann."

"Auch Kinder sind deshalb in Gefahr", schreibt ein Undercover-Agent, der gegen Sexualverbrecher ermittelt. Ebenfalls betroffen seien demnach Opfer häuslicher Gewalt: Die könnten nicht vernommen, ihre Aussagen nicht bearbeitet und ihre Anwälte nicht bezahlt werden.

Ein Agent, der "eine besonders gewalttätige Straßengang" infiltriert habe, gibt zu Protokoll, er müsse die Operation aus Geldmangel abbrechen. So verliere man die einzige Chance, "mehrere brutale Individuen" festzusetzen. "Wir haben geschworen, das amerikanische Volk zu beschützen", schreibt er, "aber wir können das nicht tun, wenn die Regierungsgeschäfte nicht sofort wieder aufgenommen werden".

spiegel


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