Lego-Showcar - aus Brandenburg für die Welt

  24 Januar 2019    Gelesen: 1084
 Lego-Showcar  - aus Brandenburg für die Welt

Lego - ein Kinderspiel? Nicht in der Werkstatt von "Design in Stein" südlich von Berlin. Dort ist es sehr ernsthafte und manchmal anstrengende Arbeit. Gerade ist dort ein Porsche fertig worden - korrekt gesagt, ein halber.

Während in vielen Kinderzimmern die Lego-Baukästen vom weihnachtlichen Gabentisch Jungen und Mädchen anhaltend beschäftigen, sind zwei Familienväter aus Brandenburg froh, erst einmal eine Pause einlegen zu können. Axel Al-Rubaie und René Hoffmeister haben gemeinsam mit ihren Mitarbeitern rund 350.000 der bunten Klötzchen verbaut. Herausgekommen ist ein halber Porsche 911 RSR.


Die beiden Geschäftspartner aus dem beschaulichen Niemegk südlich von Berlin hantieren beruflich mit den bunten Steinen, Rene Hoffmeister sogar als "LCP", was für "Lego Certified Professional" steht. Dies ist ein Befähigungsnachweis, der ihn zum Mitglied einer elitären Schar von Modellbauern weltweit macht. Das gerade fertiggestellte Projekt, der schwarz-weiß-rote Rennwagen im Maßstab 1:1, hat die Werkstatt den ganzen Herbst über bis in die Feiertage hinein beschäftigt. Das fertige Showcar, sagt Deniz Propfe von Porsche, werde bald weltweit eingesetzt. "Damit zeigen Porsche und Lego die Faszination ihrer Marken gemeinsam zum Beispiel im Rahmen von Automobil-Messen, Rennveranstaltungen und Ausstellungen. Selten sorgt ein Showcar für so viele glänzende Augen bei allen Altersklassen."

Erfahrung aus drei Porsche-Projekten

In der unscheinbaren Hinterhof-Werkstatt nahe der Ortsdurchfahrt offenbart sich ein schillernd-bunter Kosmos aus Klötzen. Stapelweise braune Kartons mit Lego-Rohware, Plastikwannen mit vorsortierten Bausteinen, daneben ein PC-Monitor und zwei Gas-Brenner als Heizung. Vor rund drei Jahren hatten die Niemegker Modellbauer bereits ein ähnliches 911er-Projekt realisiert, danach auch noch den Hybrid-Renner Porsche 919, der in Le Mans dreimal siegte. Stets mit von der Partie war in der Werkstatt Pascal Lenhard, der ebenso wenig wie Axel Al-Rubaie gelernter Modellbauer ist. Er war Erzieher und kam wie sein Chef, der berufliche Stationen als Metallbauer und Fluglotse hatte, über das Hobby zu den bunten Quadern aus Celluloseacetat.

Der dänische Spielzeug-Konzern fördert Projekte wie diese, allerdings ist streng darauf zu achten, dass ausschließlich Normsteine aus der allgemeinen Produktion verwandt werden. "Spezialanfertigungen für solche Schaustücke gibt es nicht", erklärt Craig Callum, Chefdesigner bei Lego in Billund. Ebenso sind abweichende Farben tabu. Nur was das offizielle Sortiment hergibt, wird verbaut. Die Bandbreite reicht vom 32 x 132 Millimeter großen "Duplo"-Stein bis zum circa. 5 x 5 Millimeter kleinen Einzeller mit nur einer Erhebung zum Feststecken.


Hard- und Software spielen bei der Planung des Baus eine gleich große Rolle. Während eine Spezialfirma in München das Fahrzeug inklusive des Überrollkäfigs fachmännisch teilt, es mit inneren Podesten und Holzplatten stabilisiert, wird gemeinsam mit den dänischen Lego-Fachleuten ein virtuelles 3D-Modell erstellt, das anschließend am Computer in den 1:1-Maßstab umgerechnet wird. Dabei entstehen erhebliche Datenmengen, die jeden einzelnen Knubbel auf den Steinchen berücksichtigen.

"Unser Leben spielt sich in Noppen ab", witzelt Axel Al-Rubaie. "Noppen" sind die zum Verbinden der Steine notwendigen Zapfen an der Oberfläche und unter Lego-Bastlern die international verbindliche Maßeinheit für die Baulänge eines Modells. Gebaut wird dann in Lagen, im Falle des Porsches vom Seitenschweller bis hinauf zur Spitze des Heckspoilers. Fast 70 Lagen waren 14 Tage vor Weihnachten fertig, 120 am Ende. Der 50-jährige Firmenchef mit dem arabischen Nachnamen ist nicht unbedingt auf Lego-Autos fixiert. Für Ausstellungen in verschiedenen Museen hat er viele berühmte Gebäude und Szenen zusammengesetzt. "Historische Themen kindgerecht aufzuarbeiten", sagt er, sei Ziel solcher Aufgaben gewesen. Das Taj Mahal befindet sich ebenso unter den Werken wie die rätselhaften Figuren der Osterinsel.

Der Diffusor bleibt "echt"

Eine besondere Herausforderung des Porsche-Renners sind die Beschriftungen. Nicht nur der Schriftzug "911" muss Stein auf Stein zusammengesetzt werden, sondern zum Beispiel auch die Namen von Sponsoren, die üblicher Weise die Außenhaut solcher PS-Boliden zieren. "Da stecken zwei Tage Arbeit drin", sagt Pascal Lenhard und zeigt das Logo der Ölmarke Mobil. Da es sich am rechten hinteren Kotflügel befinden soll, muss es nicht nur lesbar, sondern auch noch gekrümmt sein. "Manchmal muss man improvisieren", sagt der 47-Jährige, denn auch präziseste Planung lässt sich nicht immer mit der physischen Realität vereinen.


Einziger Kompromiss an die technischen Möglichkeiten ist der Diffusor unter dem Auspuff des "Elfers": Er ist in Originalbreite erhalten und wird es auch bleiben. Aufgrund der besonderen Steifigkeit des High-Tech-Werkstoffs lässt er sich nicht in den gleichen Dimensionen aus Lego kopieren. Die typische Gewebestruktur der Oberfläche macht ihn allerdings unter den Tausenden von Noppen sehr unauffällig.

Weit mehr als 1000 Arbeitsstunden stecken am Ende in dem Modell. Wer es als Wohnzimmerschmuck für zu Hause erwerben wollte, müsste wohl mit einem sechsstelligen Betrag rechnen, in dem der Preis für den Original-Rennwagen jedoch nicht enthalten ist. Nicht nur Pascal Lenhard wird froh sein, wenn er seinen alles andere als kuscheligen Arbeitsplatz eine Weile nicht mehr aufsuchen muss: "Klamme Finger sind nichts fürs Lego-Basteln".

 

n-tv


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