„Europa als Schlachtfeld im Atomkrieg“ – Russland und Friedensinitiativen warnen Nato

  05 Februar 2019    Gelesen: 854
  „Europa als Schlachtfeld im Atomkrieg“ – Russland und Friedensinitiativen warnen Nato

Nach Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA und die Zustimmung der Nato-Länder warnt das russische Außenministerium in Moskau vor einer möglichen Konfrontation. Auch der Friedensnobelpreisträger „International Peace Bureau“ sowie andere Friedensinitiativen warnen vor einem Atomkrieg in Europa.

Kurz nach dem die Vereinigten Staaten am Freitag verkündeten, sich aus dem INF-Vertrag zurückziehen zu wollen, stellten sich die Nato-Länder geschlossen hinter die Entscheidung ihres Partners. Diese Eile sei für die Russische Föderation keine Überraschung, erklärte das russische Außenministerium am Montag in einer Mitteilung: „Dies ist eine weitere Demonstration dafür, dass das Bündnis, das komplett der Linie Washingtons folgt, darauf abzielt, das über viele Jahre hinweg mit großer Mühe errichtete Rüstungskontrollsystem endgültig zu zerstören. Das Ende des Vertrags wird weitreichende Auswirkungen auf die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur haben.“

Wenn die europäischen Verbündeten in den USA wirklich daran interessiert seien, eine wirksame internationale Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung aufrechtzuerhalten, „sollten sie nicht den Kurs der amerikanischen Politik verfolgen, die auf militärische Überlegenheit gerichtet ist“, rät das russische Ministerium auf seiner Internet-Seite.

Europa als Schlachtfeld eines Atomkrieges?

Der Atomkrieg kehre somit nach Europa zurück, meint der Friedensaktivist und Co-Präsident des „International Peace Bureau“ (IPB), Rainer Braun, im Sputnik-Interview. Das Friedensbüro ist Friedensnobelpreisträger im Jahr 1910 und zählt zu den ältesten Friedensinitiativen der Welt. „Europa wird das Schlachtfeld, wenn es zu einem — mit diesen Rücktritten versehenen — Wettrüsten in Europa kommt, und der Stationierung neuer US-Atomwaffen in Europa, die mit kurzer Vorwarnzeit dramatisch gefährlich sind. Ich fühle mich in die Diskussionen zurückversetzt, die wir in den 1980er Jahren schon hatten“, so der Historiker und IPB-Leiter. Angst sei damals ein „durchgehendes Gefühl der Bevölkerung“ gewesen.

Als notwendig sieht der renommierte Rüstungsgegner nach den gegenseitigen Drohungen „Widerstand, Protest, Aufklärung, aber auch die Enttarnung der Lügen und Verdrehungen, mit denen jetzt die nächste atomare Aufrüstungsrunde begründet wird“. Als Lügen bezeichnet Braun vor dem Hintergrund alle Argumente, die Russland für die Zuspitzung der Lage verantwortlich machen. Natürlich könne man über russische Atomwaffen und russische Rüstungspolitik diskutieren, bemerkt Braun. „Aber sie ist im Vergleich zur Nato-Politik und zur Aufrüstungspolitik des Westens fast marginal – trotz aller modernen Waffen.“

„Gefahr eines Krieges von der anderen Seite des Atlantiks“

So hält der Abrüstungsexperte eine symmetrische Antwort Russlands, die von Präsident Wladimir Putin im Fall der Stationierung oder Entwicklung von landgestützten Kurz- und Mittelstreckensystemen seitens der USA angekündigt wurde, für nachvollziehbar. Obwohl er es aus friedenspolitischer Sicht klüger fände, wenn die russische Seite am INF-Abkommen festhalten würde.

„Man muss deutlich machen, dass die Gefahr der Zuspitzung, die Gefahr eines Krieges von der anderen Seite des Atlantiks ausgeht. Wir sollten alles versuchen, um Russland nicht zum Feind, sondern zum Kooperationspartner zu machen, und durch kooperative Beziehungen auch dazu kommen, dass in den Beziehungen und dem Verhältnis zu Russland wieder über Abrüstung geredet werden kann“, fordert Braun.

Natwiss: „Macht uns Russland nicht zum Feind“

Ähnlich formuliert es die „Naturwissenschaftler-Initiative – Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit“ (Natwiss), deren stellvertretender Vorsitzender Rainer Braun ist. „Macht uns Russland nicht zum Feind“, fordert Natwiss in einer Pressemitteilung: „Mit westlicher Sieger-Mentalität, den Zurückweisungen und Degradierungen wurde Russland zu einem Feind gemacht, der nun seine eigenen Interessen auch gegen den Westen verfolgt und damit viel Kritik auf sich zieht, nach innen der Umgang mit der Opposition, nach außen die Stärkung nationalistischer Kräfte.“

Ein Großteil der westlichen Presse wirke dabei hemmungslos am Feindbild Russland mit, heißt in einer Pressemitteilung der Initiative. „Nach dem Motto ‚Die Russen sind an allem schuld‘ wird Russland in maßloser Weise für alles Mögliche verantwortlich gemacht, bis hin zur Destabilisierung Europas und einer Entscheidung von Wahlen in westlichen Ländern. Entwicklungen wie in der Ukraine oder in Syrien werden aus ihren historischen und aktuellen Bezügen gerissen.“ Die „Dämonisierung Putins“ widerspreche einer rationalen und vernünftigen Politik, die einen Interessensausgleich anstrebe, so Natwiss.

Natwiss ist ein unabhängiger, überparteilicher gemeinnütziger Verein von Wissenschaftlern – vor allem, aber nicht nur – aus dem Bereich der Naturwissenschaften. Die Initiative wurde 1988 ins Leben gerufen, „um als Teil der Friedensbewegung ihre spezifischen professionellen Kompetenzen für eine Welt ohne Krieg und Gewalt, für die Kontrolle und Beseitigung atomarer, chemischer, biologischer und konventioneller Waffensysteme, für Friedens- und Abrüstungsforschung und für soziale, ökologische und humane Technikgestaltung einzusetzen“, heißt es auf der Seite.

sputniknews


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