Netanyahu hat gesiegt - und muss trotzdem bangen

  10 April 2019    Gelesen: 746
Netanyahu hat gesiegt - und muss trotzdem bangen

Fast alle Stimmen in Israel sind ausgezählt - und Benjamin Netanyahu könnte bald erneut Premier werden. Aber: Ihm drohen drei Anklagen. Möglicherweise wird seine fünfte Amtszeit verkürzt.

Schlacht gewonnen, Krieg verloren: Ex-Generalstabschef Benny Gantz hat bei der israelischen Knessetwahl Premier Benjamin Netanyahu nicht eindeutig schlagen können. Der Politik-Neuling kommt zwar nach Auszählung von mehr als 97 Prozent der Stimmen auf 35 Sitze im Parlament und damit auf genauso viele wie der erfahrene Amtsinhaber.

Aber: Netanyahus Likud-Partei hat mehr potenzielle Koalitionspartner als das Zentrumsbündnis "Blau Weiß" von Gantz. Das Mitte-Links-Lager kommt demnach auf etwa 55 Mandate, das rechte kann indes mit mindestens 65 Sitzen in der Knesset rechnen - mindestens 61 Stimmen braucht ein Premier, um regieren zu können.

Präsident Reuven Rivlin dürfte vor diesem Hintergrund Netanyahu beauftragen, eine Regierung zu bilden. Ein großer Erfolg für den 69-Jährigen, der seit Monaten wegen Korruptionsvorwürfen extrem unter Druck steht, die Justiz ermittelt. Das Ganze könnte ihn so sehr gefährden, dass seine nun mögliche fünfte Amtszeit verkürzt werden könnte, weil er womöglich ins Gefängnis muss.

Die Wähler haben das gewusst. Und trotzdem hat Netanyahu es geschafft, sogar in den Orten zu punkten, in denen die Generäle um Gantz hätten siegen müssen, um den Machtwechsel möglich zu machen. Etwa in Sderot, unweit des Gazastreifens.

Die Kleinstadt in der Negevwüste wird seit Jahren von der Hamas mit Raketen beschossen. Noch wenige Tage vor der Wahl mussten die Bewohner von Sderot Schutz in ihren Bunkern suchen, als die radikalislamische Gruppe Dutzende Geschosse auf den Ort abfeuerte.

Eigentlich hätte Gantz dort gewinnen müssen, der hochdekorierte General. Im Wahlkampf warb er noch gemeinsam mit Mosche Ya'alon und Gabi Aschkenazi, den beiden anderen ehemaligen Generalstabschefs in seinem Team, mit dem Slogan: "117 Jahre Militärerfahrung." Ein Verweis auf die jahrzehntelange Dienstzeit der drei Top-Militärs und deren vierten Mitstreiter, Ex-TV-Moderator Yair Lapid.

Stattdessen machte aber Netanyahu, der selbsternannte "Mr. Security", das Rennen. Gut 43 Prozent der Wähler votierten für seine konservative Partei - und nur neun Prozent für "Blau-Weiß".

Das Zentrumsbündnis konnte zwar in den Großstädten Tel Aviv und Haifa die meisten Wähler für sich begeistern, aber auch in Jerusalem unterlag Gantz klar: Seine Wahlliste erhielt etwa zwölf Prozent, der Likud mit rund 24 Prozent doppelt so viele Stimmen.

spiegel


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