Verschläft Europa den Trend?

  15 April 2019    Gelesen: 825
Verschläft Europa den Trend?

Das Bezahlen mit Bargeld, ec- oder Kreditkarte ist in Deutschland und vielen anderen europäischen Staaten nach wie vor üblich. Doch das omnipräsente Smartphone gewinnt auch in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung. Bislang haben US-Firmen bei Bezahlsystemen die Nase vorn. Das darf nicht so bleiben, warnt die Bundesbank – hat aber offenbar auch keine eigene Idee.

„Es kann uns als Bundesbank nicht gleichgültig sein, wenn große Technologiekonzerne wie Apple, Google, Paypal und Amazon mehr und mehr Kundenbeziehungen übernehmen und den Banken lediglich noch die Rolle des Zahlungsabwicklers im Hintergrund bleibt“, sagte Vorstand Burkhard Balz der „Welt am Sonntag“. Daher unterstütze die Bundesbank die Idee einer Alternative zu den großen Kreditkarten- und Technologieunternehmen.

Umsetzen müssten dies die Banken aber selbst, ließ Balz die Geldhäuser zugleich wissen, womöglich in Ermangelung einer konkreten Vision, wie eine europäische Lösung aussehen könnte. „Mein Appell an die Branche ist: Überlegt euch, mit welchen Produkten ihr auf die Angebote von Apple & Co. antworten wollt“, meinte das für den Zahlungsverkehr zuständige Mitglied des Bundesbank-Vorstands in dem Interview wenigsagend, nicht ohne die Institute vor den Folgen ihres Nichtstuns zu warnen.

Bliebe den Banken nur noch eine Nebenrolle, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie die Struktur des Bankensystems, ist sich Balz sicher. Wenn es zu Ertragsausfällen komme, stelle sich auch die Frage, „was dieses für die Finanzstabilität bedeuten könnte“, fügte er hinzu.

Ruf nach europäischem System

Tatsache ist, dass ein Großteil der Banken die Einführung von Apple Pay und Google Pay hierzulande lange verzögert oder die Kooperation verweigert hat. Der Grund liegt auf der Hand: Die Finanzhäuser wollen ihre Zahlungsströme an den Ladenkassen, eine ihrer letzten Bastionen, nicht anderen überlassen. Zuletzt wurde indes bei Vertreterinnen und Vertretern der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank der Ruf nach einer digitalen Bezahllösung „made in Europe“ immer lauter.

Auch wenn einzelne Banken wie die Sparkassen inzwischen eigene Apps für das mobile Bezahlen anbieten, ist ein allgemein verbreitetes und durchsetzungsfähiges System bislang weder für die Bundesrepublik noch für Europa in Sicht.

Hinzu kommt, dass die Verbraucherzentralen dem Trend nicht unbedingt das Wort reden, sondern potenzielle Kundinnen und Kunden eher vor höheren Preisen und möglichen Problemen bei der Abwicklung warnen. Auch von Datenschützerinnen und Datenschützern kommen Bedenken. Es fragt sich daher, ob der Zug nicht irgendwann abgefahren ist und die US-amerikanischen Unternehmen den vermutlich wachsenden Markt weiter unter sich aufteilen.

Schweden macht es vor

Dass es auch anders geht, demonstriert Schweden. Dort gibt es seit 2012 ein mobiles Zahlungssystem namens „Swish“. Es wurde von mehreren Finanzhäusern und der schwedischen Zentralbank ins Leben gerufen und hatte im September 2018 bereits 6,5 Millionen Nutzer. Ein Anfang wäre also gemacht.

 

Deutschlandfunk


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