US-Präsident Donald Trump hat beschlossen, die Ausnahmen bei den Öl-Sanktionen gegen den Iran nach ihrem Ablauf Anfang Mai nicht zu verlängern, teilte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, mit. Das Ziel des Beschlusses – „den iranischen Ölexport auf null zu senken“.
Die USA stiegen im vergangenen Jahr aus dem Atom-Deal aus und verhängten erneut Sanktionen gegen Teheran. Dennoch wurde für acht Länder, die größten Abnehmer des iranischen Öls (China, Indien, Italien, Griechenland, Japan, Südkorea, Taiwan und die Türkei), eine Ausnahme für einen Zeitraum von sechs Monaten gemacht. Diese Frist läuft im Mai ab. Die USA sichern zu, dass sie mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Staaten vereinbart haben, dass sie die globale Nachfrage nach dem Ausschluss des iranischen Öls vom Markt decken können.
US-Außenminister Mike Pompeo sagte, dass die Einführung der US-Sanktionen gegen den Iran einen Rückgang seiner Öleinnahmen (50 Milliarden Dollar) um zehn Milliarden Dollar zur Folge hätte. Die USA würden die Sanktionen gegen den Iran so lange verhängen, bis er sich an den Verhandlungstisch setzt.
Nach „Washington Post“-Informationen stoppten drei der acht Länder bereits ihren Ölhandel mit der Islamischen Republik – Griechenland, Italien und Taiwan. Doch Indien, Festland-China, Südkorea, die Türkei und Japan kaufen weiterhin iranisches Öl. Die größten Importeure bleiben Peking und Neu-Delhi.
Wenn der Iran völlig isoliert wird und niemand mehr iranisches Öl kauft, könnten die Machthaber in Teheran äußerste Maßnahmen ergreifen – die Straße von Hormus sperren, über die mindestens 20 Prozent des globalen Ölhandels erfolgt. Allerdings greift der Iran bislang nur zu Drohungen, denn die Folgen eines solchen Schritts würden in der Tat katastrophal im globalen Ausmaß sein – der Welt würde dann nicht nur iranisches, sondern auch kuwaitisches, katarisches und saudisches Öl fehlen. Deswegen ist ein solches Szenario kaum wahrscheinlich.
Der Iran überstand die früheren Restriktionen und fand immer wieder Umwege für den Ölexport. Auch diesmal ist ein solches Vorgehen zu erwarten.
Im vergangenen Jahr exportierte der Iran 3,8 Millionen Barrel pro Tag. Nach dem neuen US-Beschluss muss der Iran den Ölexport auf eine Millionen Barrel pro Tag reduzieren, so Alen Sabitow von der Investmentfirma Freedom Finance. „Europäische Länder sowie Japan und Südkorea werden völlig auf iranisches Öl verzichten. Europäische Verbraucher haben faktisch den Import aus dem Iran beendet. Zugleich werden China und Indien weiterhin iranisches Öl kaufen, obwohl sie anfangs die Menge reduzieren können, um eine Konfrontation mit den USA zu vermeiden“, so der Experte.
Allerdings sollte der Iran weniger mit Indien rechnen. Nur China würde sich wohl von den US-Drohungen nicht beeindrucken lassen. Peking trat auch früher offen gegen diese Sanktionen ein und bestätigte jetzt diese Position. „Wir sind eindeutig gegen einseitige Maßnahmen der USA und des langen Arms der US-Rechtshoheit. Die Regierung der Volksrepublik China beabsichtigt einen aktiven konstruktiven Einfluss zur Stabilität des Marktes, um legitime Rechte seiner nationalen Unternehmen zu schützen“, sagte der Sprecher des Außenministeriums Chinas, Geng Shuang, am Montag.
„Die US-Sanktionen werden zwar nicht offen ignoriert, doch die Kooperation zwischen China und dem Iran kann fortgesetzt werden. Es gibt rechtliche Mechanismen zur Umgehung des Verbots für den Kauf des iranischen Öls“, sagte der Energieexperte Alexander Passetschnik. So könnte China ein Sonderunternehmen gründen, das sich nur mit dem Ankauf des iranischen Öls befassen wird. Es wird keine Aktiva, Geschäfte in den USA oder sonstwo haben. Das heißt, die US-Sanktionen würden dieses Unternehmen kaum treffen.
Die Nachricht über die Verschärfung der US-Sanktionen gegen den Iran trieben die Ölpreise auf das höchste Niveau seit Oktober 2018. „Die Ölpreise stiegen bereits seit Jahresbeginn um Dutzende Prozent. Ende 2018 sank der Ölpreis auf weniger als 50 Dollar, jetzt sind es 73 Dollar. Der Preis wird wohl um 75 Dollar stehen bleiben, vielleicht wird ein neues Niveau von 80 Dollar getestet“, so Passetschnik.
Die Aufhebung der Lockerungen für den iranischen Export könnte die Ölpreise erneut auf 77 bzw. 80 Dollar erhöhen, wie es im vergangenen Sommer der Fall war, als die USA aus dem Atomdeal ausstiegen und neue Sanktionen ankündigten, so Sabitow.
Teures Öl würde auch den russischen Rubel unterstützen, der in diesem Jahr besser erstarkt ist als andere Währungen (mehr als acht Prozent seit Jahresbeginn). Wenn die USA keine Sanktionen gegen Russland verhängen, kann der Rubel vor dem Hintergrund des teurer werdenden Öls in den kommenden Wochen auf 62,7-63,3 Rubel pro Dollar steigen, so der Chefanalyst von BKS Premier, Anton Pokatowitsch.
Scharfe Iran-Sanktionen würden auch den Beschluss über den OPECPlus-Deal beeinflussen. Die Akteure drosseln derzeit die Förderung für ein halbes Jahr. Wie es dann weitergeht, hängt von der Situation auf dem Markt ab. Eine weitere OPEC-Sitzung soll im Mai stattfinden.
„Wenn die Amerikaner den Iran ausklammern, wird es für OPECPlus einfacher bei den Überlegungen sein, was weiter getan werden soll. Ob es eine Verlängerung für das ganze Jahr geben wird, hängt von vielen Faktoren ab. Bei einem hohen Preis können Förderungsgrenzen gelockert werden. Das haben wir bereits gesehen – im vergangenen Jahr gab es Lockerungen, die Fördermenge stieg, doch das dauerte nicht lange, man musste wegen des Ölpreisrückganges auf 50 Dollar wieder zu den Beschränkungen zurückkehren“, so Passetschnik.
Vielleicht wird OPECPlus das Abkommen nicht vollständig aufheben, doch der neue Deal wird kleinere Mengen an Förderungskürzung betreffen. In diesem Fall kann Russland von Irans Problemen profitieren.
„Das erste Quartal war eines der besten bezüglich Öls seit beinahe zwölf Jahren. Das war ein Durchbruch. Aus so einer Konjunktur muss man Gewinne erzielen“, sagt Passetschnik. Ölunternehmen aus Russland würden die Förderung gerne ausbauen und das Barrel für 75 Dollar und mehr exportieren.
„Russische Unternehmen verbuchen gute Gewinne und haben mehrere aussichtsreiche Projekte, die die alte Rohstoffbasis ersetzen können. Unter den Bedingungen der guten Preisparameter haben die meisten Ölunternehmer den Wunsch, die Grenze anzuheben. Wenn der OPECPlus-Deal nicht verlängert wird, können sie neue Bohrungen eröffnen und die Ölproduktion ausbauen. Deswegen kann Russland zusätzliche Mengen anbieten“, so Passetschnik.
Der größte Begünstigte könnte der russische Staatshaushalt werden. „Diese geopolitischen Geschichten sind für die russische Staatskasse positiv. Gute Preise werden von Russland immer begrüßt. Eine andere Sache ist, dass das die russische Wirtschaft schwächt. Ein synchrones Erstarken des Rubel und der Anstieg des Ölpreises hemmen den Wettbewerb. Der Rubel sollte relativ schwach gegenüber dem Öl sein, wenn das Land ein höheres Wirtschaftswachstumstempo anstrebt. Doch ein zu schwacher Rubel ist schädlich, denn das führt zu einem zu großen Inflationsdruck und zum Rückgang der sozialen Versorgung und Kauffähigkeit. Das Finanzministerium und die Zentralbank Russlands sollten das verfolgen und ein Gleichgewicht erreichen“, so Passetschnik.
Bereits jetzt kann man sagen, dass 2019 ein Jahr des teuren Öls sein wird. Was dann geschieht, ist schwer vorherzusagen. Wann kommt die nächste Krise? „Das Wirtschaftsmodell der Welt ist zyklisch, auf eine Wachstumsphase folgt eine Phase des Rückgangs. Das Jahr 2019 kann natürlich erfolgreich sein, doch danach wird niemand garantieren, dass dieser Öl-Trend andauern wird“, so Passetschnik.
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