Lindner mag die Bühne, ob im Bundestag, in Talkshows oder auf Parteitagen. So auch auf dem Bundesparteitag der FDP an diesem Wochenende in Berlin. Direkt zu Beginn der Veranstaltung überraschte Linder, indem er seine Auftaktrede in chinesischer Sprache begann. Nach kurzer Verwunderung im Saal erklärte der Parteichef:
„Das heißt: Die Gesellschaft und die Wirtschaft ändern sich beständig. Wir müssen mit den sich verändernden Zeiten schritthalten.“
Mittlerweile sei es sinnvoll, dass Kinder hierzulande auch chinesisch lernten. Es sei eine schwere Sprache, aber China werde international ein immer wichtigerer Player. Deutschland und Europa müssten deshalb alles tun, damit es sich für Chinesen auch weiter lohne, deutsch und englisch zu lernen.
Gelb versus Grün?
Frühere Entwicklungsländer würden laut Linder zu Wettbewerbern, das sei ein Erfolg der Globalisierung. Das treffe vor allem auf China zu, das seine Regeln nun auch anderen diktieren wolle:
„Wir müssen aus dem Stadium der Bequemlichkeit herauskommen.“
Verächtliche Worte hatte Linder für die Politik der Grünen übrig. Diese wollen laut Lindner Steuern erhöhen, um das Geld denen zu geben, die angebotene Jobs ablehnen und sich stattdessen Freizeitaktivitäten widmen.
Früher war mehr Mut…
In den Fokus will die FDP nach den Aussagen ihres Parteichefs die Klimapolitik nehmen. Doch das Wirtschaftswachstum dürfe nicht unter Klimaschutz leiden. Aktuell herrsche überall Pessimismus, früher habe es mehr Zuversicht gegeben:
„Wir müssen mehr Mut zur Zuversicht haben. Es ist die Weisheit der Vielen, die Zukunft schafft. Wir müssen sie schützen, vor der Einfältigkeit und dem Pessimismus der Wenigen.“
Als wichtigste gesellschaftliche Aufgabe sieht Lindner die Bildung. Man dürfe nie mehr an der Bildung von Kindern und Jugendlichen sparen, er appellierte in Berlin für mehr Investitionen in diesem Bereich.
Kein Geld für Wohlfahrt?
Erneut wiederholte Lindner, dass er sich einen Umbau des Sozialstaats wünsche. Keinen Wohlfahrtsstaat, sondern die Förderung individueller Erfolgschancen. Die Respekt- oder Grundrente der SPD sei nicht zielführend.
„Solidarität für Bedürftige, ja. Aber auch politische Verantwortung für die, die das alles zahlen sollen. Wie soll man dem Facharbeiter erklären, dass er mit seinen Steuern die Rente der Zahnarztgattin bezahlen muss?“
Deshalb dürfe es keine Grundrente geben, die sich auf die individuelle Rente der Leistungsempfänger beziehe, sondern auf das gesamte Haushaltseinkommen.
Politiker versus Experten…
Es dürfe keine Eingriffe in die individuelle Freiheit geben, auch nicht beim Klimaschutz. So verurteilte Lindner die Forderungen der Grünen, eine Kerosinsteuer auf Flugreisen einzuführen, oder den Fleischkonsum in Deutschland abzubauen:
„Das ist eine Form von ökologischem Autoritarismus, der nicht zu einer modernen Gesellschaftsform passt. Wo sind in dieser Frage eigentlich die Bürgerrechtler?“
Die FDP wolle dagegen das ökologische Ziele mit demokratischer Legitimation des Rechtsstaats durchgesetzt würden. Man müsse starke gesetzliche Rahmen setzen und darin sollten dann kreative Verbraucher und Experten nach Lösungen in der Klimafrage suchen, nicht die Politik.
Klima, Klima, überall…
Die Klimadebatte sei, milde ausgedrückt, hoch energetisch. Mittlerweile gibt es laut Lindner sogar Aktivisten bei „Fridays for Future“, die wieder für Kernenergie plädierten. Die Debatte sei hypermoralisch, Lindner wolle aber einen nüchternen Austausch über das Thema. Ein Seitenhieb auch auf die SPD:
„Ich wunde mich, dass diejenigen, gegen die demonstriert wird, dieses Engagement der Schüler würdigen.“
Wenn man eine jugendliche Protestbewegung wirklich ernst nehmen wolle, müsse man sich laut Lindner mit ihren Anliegen beschäftigen und ihnen auch einen fachlichen Widerspruch zutrauen.
Brexit als Chance…
Abschließend ging Linder in seiner Rede noch einmal auf die internationale Politik ein. Die Europäische Union sei nicht perfekt, aber sie sei das Beste, was man habe:
„Der Brexit ist eine Chance für alle Europäer, dass wir uns darauf besinnen, was uns alle zusammenhält: Demokratie, Sicherheit, Werte.“
Aus dem politischen Startup der Freien Demokraten sei in den vergangenen Jahren wieder ein funktionierender Mittelstand geworden. Jetzt müsse man daran arbeiten, bei der Europawahl und auch den kommenden Landtagswahlen stabile Ergebnisse einzufahren. Die FDP wolle nicht einfach ein Mehrheitsbeschaffer sein, sondern wirklich für etwas stehen. Wofür genau, das wird sich auch an diesem Bundesparteitag der FDP in Berlin klären, der noch bis Sonntagmittag andauern wird.
sputniknews
Tags: