"Es wurde ganz still": Der tragische Tod einer Legende

  01 Mai 2019    Gelesen: 1696
"Es wurde ganz still": Der tragische Tod einer Legende

Lange vor Michael Schumacher war er der König der Rennfahrer. Ayrton Senna starb am 1. Mai 1994 in Imola, an jenem schwarzen Wochenende, an dem auch Roland Ratzenberger den Tod fand. 25 Jahre danach ist die Formel 1 längst eine andere geworden.

Er lag lang ausgestreckt auf dem Asphalt, als wollte er mitten in dem tobenden Chaos ein kleines Nickerchen halten. Er lag einfach dort, er bewegte sich nicht, während um ihn herum das Treiben immer hektischer, immer atemloser, immer verzweifelter wurde. Sanitäter, Streckenposten, Ärzte scharten sich um ihn, doch Ayrton Senna war nicht mehr da. Leise glitt er hinüber in die andere Welt. Die Sonne war vom Himmel gefallen.

Besser, schneller, spektakulärer

Der Brasilianer, Sohn aus gutem und reichem Hause, war der Prototyp eines Menschen, dem das Leben sein ganzes Füllhorn gönnt. Senna war belesen, musikalisch, weltoffen, er spielte Klavier, sammelte Kunst, zitierte altgriechische Philosophen, las Shakespeare und Freud.

Und er fuhr Autorennen. Besser, schneller, spektakulärer, gewagter als andere. Den einen, der da kam, diesen jungen Deutschen namens Michael Schumacher, hatte Senna auf der Uhr, es versprach 1994 ein grandioses Duell um die WM zu werden.

Die ersten beiden Rennen hatte Schumacher gewonnen. Senna, 34 Jahre alt, Weltmeister von 1988, 1990 und 1991, hatte sein Auto nach dem Wechsel von McLaren zu Williams noch nicht so recht unter Kontrolle.

Am 1. Mai 1994 um 14.17 Uhr schoss der Williams FW16 offensichtlich unlenkbar mit Tempo 330 aus der langgezogenen Tamburello-Kurve geradeaus, das Auto zerschellte wie ein Spielzeugflieger an der Betonmauer. Ein Teil der Radaufhängung durchschlug Sennas Helm und bohrte sich in seinen Kopf, er hatte nicht den Hauch einer Chance.


Die sofortige medizinische Versorgung, der Hubschrauber-Flug in die Maggiore-Klinik von Bologna, alles vergebens, es gab keine Rettung mehr. Der offizielle Todeszeitpunkt war 18.40 Uhr. Die Formel 1 hatte ihren Allergrößten verloren, einen charismatischen Schöngeist, einen Wohltäter, der gerne mit jenen teilte, die im Schatten standen.

Aber Senna, den stets ein leiser Hauch von Melancholie umwehte, konnte auch anders. Unvergessen die oft grenzwertigen Duelle, die er sich bei McLaren mit seinem Teamkollegen Alain Prost lieferte. "Er hat eine Epoche geprägt, die es nie mehr geben wird", sagt Prost heute: "Senna hat mich gezwungen, über meine Grenzen zu gehen."

Die nachfolgenden Fahrer-Generationen verehrten den stillen Brasilianer, Senna gilt vielen auch heute noch als Vorbild. "Für mich ragt er heraus, er fuhr auf einem ganz anderen Niveau", sagt Weltmeister Lewis Hamilton, und Sebastian Vettel, damals gerade sechs Jahre alt, erinnert sich dennoch an die Tragödie des Augenblicks: "Ich glaube, die ganze Motorsportgemeinde weltweit war schockiert, es wurde ganz still. Es war ein immenser Verlust für den Sport."

Damals an jenem schwarzen Wochenende von Imola, als 24 Stunden vor Senna der Österreicher Roland Ratzenberger bei der höllischen Zeitenjagd im Qualifying sein Leben gelassen hatte, haben sie nicht daran gedacht, das Rennen zu stoppen.


Eine kurze Unterbrechung, ein kurzes Atemholen im Angesicht der Tragödie, dann ging die gnadenlose Hatz auch schon weiter. Michael Schumacher gewann das Rennen, er wurde in jenem schicksalhaften Jahr zum ersten Mal Weltmeister.

In den 25 Jahren nach Sennas Tod veränderte die Formel 1 ihr Gesicht, der Tod an der Betonmauer ist ein Mythos aus längst vergangenen Zeiten. Aus den Zeiten, als Ayrton Senna die Formel 1 prägte. Sennas Ableben, sagte sein enger Freund und früherer Teamkollege Gerhard Berger einst dem "Spiegel", "war so, als sei die Sonne vom Himmel gefallen". Die Legende ist unsterblich. Sie lebt weiter. Auch nach 25 Jahren.

 t-online


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