Menschen zerstören ihre Lebensgrundlagen

  06 Mai 2019    Gelesen: 700
  Menschen zerstören ihre Lebensgrundlagen

Der Mensch hat bereits drei Viertel der Naturräume an Land und zwei Drittel in den Meeren erheblich verändert. Ein neuer UN-Bericht veranschaulicht, welche Konsequenzen das mit sich bringt. Zahlreiche Pflanzen- und Tierarten drohen, für immer von der Erde zu verschwinden.

Rund eine Million Tier- und Pflanzenarten sind nach einem UN-Bericht vom Aussterben bedroht. Viele drohten bereits "in den kommenden Jahrzehnten" zu verschwinden, heißt es in dem Report zur weltweiten Artenvielfalt, den der Weltrat für Biodiversität (IPBES) in Paris veröffentlichte. Die Wissenschaftler fordern darin "tiefgreifende Änderungen" zum Naturschutz. Der Mensch zerstöre seine eigenen Lebensgrundlagen. Dringend nötig sind laut den UN-Experten Änderungen bei der Landwirtschaft und beim Konsum. Der Bericht ist die bisher umfassendste internationale Untersuchung zum Artenschutz.

"Wir erodieren global die eigentliche Basis unserer Volkswirtschaften, Lebensgrundlagen, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität", sagte der IPBES-Vorsitzende Robert Watson. Die Menschheit lasse in rasendem Tempo die Natur von der Erde verschwinden. Dafür gebe es inzwischen überwältigende Beweise, die ein unheilvolles Bild zeichneten. Die Weltgemeinschaft müsse sich dringend abwenden von wirtschaftlichem Wachstum als zentralem Ziel, hin zu nachhaltigeren Systemen, hieß es.

In ihrem ersten globalen Bericht zum Zustand der Artenvielfalt reiht die Organisation der Vereinten Nationen beängstigende Fakten aneinander: Von den geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit sei rund eine Million vom Aussterben bedroht. Das Ausmaß des Artensterbens war in der Geschichte der Menschheit noch nie so groß wie heute - und die Aussterberate nimmt weiter zu. Drei Viertel der Naturräume an Land wurden vom Menschen bereits erheblich verändert, in den Meeren zwei Drittel.

Immer wieder verdeutlichen die Autoren, dass der Verlust an Biodiversität kein reines Umweltthema ist, sondern auch Entwicklung, Wirtschaft, politische Stabilität und soziale Aspekte wie Flüchtlingsströme beeinflusst. Gravierende Folgen für Menschen weltweit seien inzwischen wahrscheinlich, warnen sie. Noch sei es aber nicht zu spät für Gegenmaßnahmen, erklärte Watson, "aber nur, wenn wir sofort auf allen lokalen bis globalen Ebenen damit beginnen".

Insektensterben als besonders großes Problem

Ein ähnlicher globaler Check war zuletzt vor 14 Jahren präsentiert worden. Für die Neuauflage trugen 145 Autoren aus 50 Ländern drei Jahre lang Wissen aus Tausenden Studien und Dokumenten zusammen. "Dass keine gesicherten Erkenntnisse über den globalen Zustand der biologischen Vielfalt, die direkten und indirekten Ursachen für das derzeitige Massenartensterben und über Alternativen bestünden, kann fortan niemand mehr behaupten", sagte Mitautor Jens Jetzkowitz von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze wertete den Bericht als einen Aufruf für die Weltgemeinschaft und Deutschland zum Handeln. "Es ist ein Weckruf", sagte die SPD-Politikerin. Der Report zeige, dass das Artensterben derzeit bis zu 100 mal schneller voranschreite als in früheren Epochen. Schuld daran sei die intensive Land- und Meeresnutzung, das Wachstum der Städte aber auch der Klimawandel. Bei einem auf zwei Grad begrenzten Temperaturanstieg würden fünf Prozent der noch bestehenden Tier- und Pflanzenarten aussterben, bei einem Anstieg um mehr als vier Grad sogar 16 Prozent.

Schulze sagte, der Bericht zeige aber auch Gegenmaßnahmen auf. Schutzgebiete etwa seien wirksam. Sie werden sich daher auch in Deutschland für eine Ausweitung und Vernetzung einsetzen. Zudem müssten schädliche Subventionen in der Landwirtschaft gestrichen und das Fördersystem in der EU zugunsten des Artenschutzes reformiert werden.

"Das Artensterben zu stoppen, ist eine ähnlich große Herausforderung wie der Kampf gegen den Klimawandel", sagte Schulze der "Rheinischen Post". In Deutschland sei das Insektensterben ein besonders großes Problem. "Insekten leiden unter der intensiven Landwirtschaft, die ihnen zu wenig Nahrung, aber zu viel Pestizideinsatz beschert", kritisierte Schulze.

Quelle: n-tv.de, fzö/AFP/dpa/rts


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