Handel: Russland löst sich vom Dollar-Diktat in Rekordtempo

  06 Mai 2019    Gelesen: 787
  Handel: Russland löst sich vom Dollar-Diktat in Rekordtempo

Experten der internationalen Consultingfirma FinExpertiza zufolge hat Russland während der seit fünf Jahren andauernden Sanktionen den Anteil des US-Dollars am internationalen Handel fast um 13 Prozent abgebaut, wobei der Anteil von Euro und Rubel um 26 bzw. 14 Prozent erhöht wurde.

In welchen Richtungen die US-Währung am aktivsten verdrängt wird – darüber lesen Sie in diesem Artikel.

Russland macht es vor

Washingtons Drohungen, Russland vom SWIFT-System auszuschließen, führten zum allmählichen Verzicht auf den US-Dollar im Außenhandel. Im Laufe von fünf Jahren ging der Anteil der US-Währung bei Handelsverträgen auf 56 Prozent (388 Mrd. Dollar) zurück, während er vor fünf Jahren noch bei mehr als 80 Prozent lag, wie Experten von FinExpertiza ermittelt haben.

Der Dollar wird von Euro und Rubel verdrängt - ihr Anteil beläuft sich an der Gesamtmenge des ausländischen Zahlungsverkehrs auf 22 bzw. 20 Prozent.

„Der Trend zum Verzicht auf US-Dollar und den Übergang zu Rubel-Verrechnungen im Außenhandel liegt auf der Hand. Das ist ein Weg zu mehr Stabilität der russischen Wirtschaft und zum Schutz vor Sanktionen. Das betrifft vor allem den Export, denn der Verkauf von Waren gegen die Währung  des verkaufenden Landes ist doch eine logische Angelegenheit“, so die Vorstandsvorsitzende von FinExpertiza, Jelena Trubnikowa.

Der Abbau der Dollar-Verrechnungen hängt in vielerlei Hinsicht tatsächlich mit dem starken Rückgang des Handelsumsatzes zwischen Moskau und Washington zusammen. Im vergangenen Jahr war diese Kennzahl nicht höher als 25 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Der gegenseitige Handel mit China und der EU liegt bei 108 bzw. 294 Mrd. Dollar. Dabei heben die Analysten hervor, dass der Rubel-Anteil in den Verrechnungen mit China beim Export um mehr als das Fünffache gestiegen ist, der Yuan-Anteil beim Import stieg fast um das Neunfache. Ein gewichtiges Argument zugunsten der Verrechnungen in den Nationalwährungen mit den größten Handelspartnern besteht zudem darin, dass das Risiko der wirtschaftlichen Verluste wegen der Kursschwankungen damit minimiert wird. So machte der Unterschied zwischen den maximalen und minimalen Dollar-Werten in Russland 20,5 Prozent aus, während es bei Euro und Yuan 16,6 beziehungsweise 14,4 Prozent waren.

In der Vorreiterrolle

Die wichtigsten Zwischenhändler bei Zahlungen in den Nationalwährungen sind die größten russischen Exportunternehmen. Der stellvertretende Generaldirektor von Sewerstal, Alexej Kulitschenko, sprach bereits im vergangenen Jahr in einem Interview mit Bloomberg vom Verzicht auf Dollarverrechnung beim Export, weil die Hälfte der Lieferungen an die EU ginge und jetzt in Euro bezahlt werde.

Der Rubel-Anteil bei den Zahlungen für den russischen Import von Indien machte im vergangenen Jahr 37 Prozent aus. Im vierten Quartal stieg diese Kennzahl auf 53 Prozent. Anscheinend spielte die in Rubel verrechnete Lieferung der Raketenabwehrsysteme S-400 Triumph, die Neu-Delhi laut Schätzungen 330 Mrd. Rubel kostete, die entscheidende Rolle.

Auch die größten Energielieferanten bleiben nicht zurück. Gazprom Export berichtete im März vom ersten Rubel-Deal zum Verkauf von 80 Millionen Kubikmeter Gas an das deutsche Terminal NCG über die eigene elektronische Plattform.

Viele Analysten sind sich sicher, dass die russischen Energieunternehmen in der nächsten Zukunft der größte Antrieb beim Übergang zu Zahlungen in Nationalwährungen werden. Das betrifft in erster Linie Gazprom und seine Gaspipeline Kraft Sibiriens, die bereits am 1. Dezember in Betrieb genommen werden soll. Der aktuelle Vertrag im Wert von 400 Mrd. Dollar sieht Jahreslieferungen von 38 Mrd. Kubikmeter Gas nach China innerhalb von 30 Jahren vor. Dies würde den russischen Währungsmarkt mit Yuan füllen und ermöglichen, damit die Lieferungen chinesischer Waren zu bezahlen.

„Der Yuan-Kurs ist de facto steuerbar. Die mit der Volatilität verbundenen Risiken sind sogar im Vergleich mit dem Euro minimal. Solch große Projekte wie Verrechnungen für die Pipeline Kraft Sibiriens würden Moskau und Peking dazu bewegen, den Übergang zu Verrechnungen in den Nationalwährungen zu beschleunigen“, so der Wirtschaftsexperte Pawel Gribow.

Ähnliche Tendenzen sind auch im Westen zu erkennen; das stärkste Argument ist dabei die Wirtschaftspolitik von Donald Trump. Mit den Versuchen, die Wirtschaft Irans zusammenbrechen zu lassen, verbot Trump bereits im vergangenen Jahr der ganzen Welt den Kauf iranischen Öls.

„Je aktiver der US-Dollar als Waffe gegen einzelne Länder genutzt wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese Länder nach einer Alternative für den US-Dollar suchen werden. Man würde zwar dazu Zeit brauchen, doch die aktuelle Politik der USA würde den Niedergang des US-Dollars beschleunigen“, schreibt die Zeitung „The Daily Telegraph“.

Die Abnehmer iranischen Öls entwickeln Schemas, um die US-Sanktionen zu umgehen. Indien vereinbarte mit dem Iran die Bezahlung der Lieferungen in Rupien, Teheran wird mit Rupien für indische Importwaren zahlen.

Die EU, die ebenfalls am Handel mit dem Iran interessiert ist, entwickelte das sogenannte Special Purpose Vehicle (SPV), das nicht von den USA kontrolliert wird. Laut EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat Europa nicht vor, die US-Währung über diesen Kanal zu führen.

„Es ist absurd, dass Europa 80 Prozent des Energie-Imports – 300 Mrd. Euro – in US-Dollar bezahlt, während nur zwei Prozent unseren Imports auf die USA entfallen“, sagte Juncker.

sputniknews


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