In dieser Hinsicht warnt Goldschmidt vor dem Rückzug der Juden aus Europa. Dabei bestätigte er, dass sich in den vergangenen Jahren die meisten Überfälle auf Juden in westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Belgien oder Dänemark ereignet hätten. In Russland dagegen werde der so genannte Straßen-Antisemitismus weniger geduldet. Das habe auch mit der Migration nach Europa zu tun. In Westeuropa würden Angriffe auf Synagogen inzwischen meist von islamistischen Radikalen verübt, in Russland und in den USA seien überwiegend Rechtsradikale die Täter. Goldschmidt hat inzwischen das Engagement der Regierungen in London und Berlin gegen den Antisemitismus gelobt, doch „das hat nichts mit privater Sicherheit zu tun“.
Ob die Menschen, die sich gegen die Siedlungspolitik Israels äußern, mit Antisemiten gleichgestellt werden können? Es sei die Frage, so Goldschmidt, wo die rote Linie verlaufe. Wenn man sagt, dass Israel weniger Recht hat, sich zu verteidigen, … ist es schon Antisemitismus“, antwortete der Oberrabbiner. Er verwies auf die Gefechte zwischen Israel und Gaza, bei denen Israel mit mehr als 600 Raketen angegriffen worden sein soll und viele Verletzte gemeldet habe. Dabei sei er, wie angeblich 30-40 Prozent der Juden in Israel, auch nicht mit der Siedlungspolitik Israels einverstanden.
In einem Gespräch mit der Deutschen Welle betonte Goldschmidt zudem, Europa vergesse seine eigene Geschichte, insbesondere die Brutalität der beiden Weltkriege. Mit Blick auf die Europawahl in zwei Wochen betonte der Oberrabbiner, er sehe diese als Schicksalswahl. Eine Stärkung der Kräfte, die nicht an die Zukunft eines gemeinsamen Europas glaubten, sei eine Gefahr.
Am Montag beginnt im belgischen Antwerpen die 31. Generalversammlung der Europäischen Rabbiner-Konferenz, an der rund 350 jüdische Gelehrte aus Europa teilnehmen. Bundesaußenminister Maas sagte der „Bild am Sonntag“, er werde die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 dafür nutzen, Judenfeindlichkeit stärker zu bekämpfen.
sputniknews
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