Über so viel Vermögen verfügt die Kirche in Deutschland

  16 Mai 2019    Gelesen: 1035
Über so viel Vermögen verfügt die Kirche in Deutschland

Die Kirche in Deutschland ist eine Wirtschaftsmacht, die über ein großes Vermögen verfügt. Ein großer Anteil der Einnahmen stammt aus der Kirchensteuer, doch die Kirche ist auch als Unternehmer aktiv, betriebt Krankenhäuser, Kindergärten und die eine oder andere Brauerei.

Die Kirchen sind eine große Wirtschaftsmacht in Deutschland: Sie sind Arbeitgeber, Grundstücksbesitzer und Unternehmer und bewegen Jahr für Jahr beachtliche Summen. Für den größten Teil ihrer Geschichte haben die Institutionen sich zu den Details ihres Vermögens jedoch bedeckt gehalten.

Der Politikwissenschaftler und Publizist Carsten Frerk beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit dem Vermögen der Kirchen in Deutschland. Wichtig sei zu bedenken, dass es "den Konzern Kirche mit einer zentralen Leitung" nicht gebe. "Jedes Bistum macht, was es will und lässt sich dabei so wenig wie möglich in die Karten schauen."

Erst die Finanzskandale der katholischen Kirche in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit haben zu mehr Transparenz bei dem Thema geführt: So gipfelte die Aufregung um die hohen Baukosten der Bischofsresidenz des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst 2013 darin, dass die deutsche Bischofskonferenz die katholischen Bistümer zu einer Transparenzoffensive aufforderte. Daher veröffentlichen seit 2015 alle 27 Bistümer mit ihren Jahresabschlüssen auch eine Bilanz ihrer Finanzen. Diese vermitteln eine Idee davon, wie vermögend sie sind.

Anhaltspunkt Kirchenbilanzen

Aktuell ist das Erzbistum München und Freising das reichste Bistum Deutschlands: Für 2017 wies es ein Vermögen von 5,96 Milliarden Euro plus stille Reserven in Höhe von mehr als 745 Millionen Euro aus. Das Vermögen, über das die Erzdiözese verfügt, setzt sich dabei vor allem aus den bebauten und unbebauten Grundstücken zusammen (1,2 Milliarden Euro) sowie den Stiftungen, die Soziales, Bildung und das kirchliche Leben fördern (2,11 Milliarden Euro).

Die evangelischen Landeskirchen veröffentlichen ihre Bilanzen nicht so konsequent wie ihre katholischen Pendants. Doch die Bilanzen seien ohnehin nicht mehr als ein Anfang, kritisiert Experte Frerk. weil sie nach dem Niedrigstwertprinzip erstellt werden: Viele Vermögenswerte würden nur mit sehr geringen, teils symbolischen Beträgen und nicht ihrem aktuellen Wert aufgeführt.

Er schätzt, dass die katholische Kirche in Deutschland insgesamt über ein Vermögen von rund 200 Milliarden Euro verfügt. Für die evangelische Kirche geht er von dem gleichen Betrag aus.

Zehn Milliarden Euro Kirchensteuer

Doch auch wenn die Bilanzen nach Ansicht des Experten absichtlich niedrig gehalten werden, gibt es weitere Zahlen zum Kirchenvermögen, die öffentlich sind. Besonders wichtig bei den Einnahmen ist die Kirchensteuer. Über diese Zahlung nahmen die Kirchen 2017 gemeinsam rund zehn Milliarden Euro ein. Dabei erhielt die mitgliederstärkere katholische Kirche mit 6,42 Milliarden Euro etwas mehr als die evangelische Kirche.

Die Kirchensteuer, die je nach Bundesland acht oder neun Prozent der Lohnsteuer, Einkommenssteuer und der Kapitalertragssteuer beträgt, fließt in das jeweilige Bistum, in der das Kirchenmitglied lebt. Dort wird das Geld für verschiedene Zwecke genutzt, hauptsächlich aber, um die Angestellten der Bistümer zu bezahlen: So werden 40 bis 50 Prozent der katholischen Kirchensteuer für Personalkosten verwendet.

Bei der evangelischen Kirche sind die Kosten anders aufgeschlüsselt, aber gleichbleibend hoch im Bereich des Personals: Die Landeskirchen geben im Schnitt 19,6 Prozent für den Pfarrdienst und Religionsunterricht aus, 12,3 Prozent für die Gemeindearbeit und acht Prozent für Leitung und Verwaltung.

Insgesamt ist die Kirche nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands. Neben dem Personal, das im unmittelbaren kirchlichen Kontext beschäftigt wird, sind die Kirchen auch unternehmerisch aktiv: So betreiben die christlichen Träger zusammen etwa ein Drittel der Kindergärten der freien Träger. Die Caritas der katholischen Kirche führte 2016 9.289 der rund 55.300 Kindergärten in Deutschland, das entspricht etwa 17 Prozent. Bei der Diakonie der evangelischen Kirche sind es 8.799, also rund 16 Prozent.

Die Kirche als Unternehmer­

Auch hinter jedem vierten Krankenhaus steht eine christliche Einrichtung – deutschlandweit sind es insgesamt 550 Einrichtungen. Die kirchlichen Betriebe beschäftigen allein in den Krankenhäusern über eine Viertelmillion Menschen. Für diese und die im kirchlichen Betrieb Angestellten müssen Rücklagen etwa für die Rente gebildet werden. Konkret führt etwa das Erzbistum München und Freising auf, allein 307 Millionen Euro in einer Pensionskasse nur für Priester angelegt zu haben.

Zusätzlich betreibt die Kirche Unternehmen, die nicht unmittelbar mit dem sozialen Bereich zu tun haben. Es gibt keine Zahlen dazu, wie viele Unternehmen mit den Kirchen verbunden sind, aber es gibt prominente Beispiele. Der Getränkeproduzent Adelholzer etwa gehört der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul und setzt jährlich mehr als 130 Millionen Euro um.

Der Orden, der auch Krankenhäuser und Pflegeheime betreibt, investiert nach eigenen Angaben den gesamten Gewinn in die langfristige Erhaltung von Arbeitsplätzen, die Pflegeeinrichtungen und die Unterstützung sozialer Projekte.

"Die kirchlichen Betriebe machen jährlich einen Umsatz von rund 50 Milliarden Euro, deren Erträge sie, wenn sie für eigene Zwecke verwendet werden, nicht versteuern müssen", sagt Frerk.

Ein weiteres typisches Beispiel für ein kirchliches Unternehmen ist die Brauerei Andechs, die seit dem Mittelalter Bier braut und heute nach eigenen Angaben die größte authentische Klosterbrauerei Deutschlands ist. Bis heute befindet sie sich im Besitz der Benediktinerabtei Sankt Bonifaz in München und Andechs und produziert jährlich über zehn Millionen Liter Bier, die bis nach Russland und Japan exportiert werden.

Über Umsatz schweigen die Mönche, nur so viel: Der Gewinn wird genutzt, um den Orden zu finanzieren, die Gebäude in Schuss zu halten und soziale Projekte zu unterstützen.

 

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