Den neuen Ton der Volksrepublik konnte man selbst in Amerika nicht überhören: „China verspricht einen ‚Volkskrieg‘, weil der Handelskonflikt einen nationalistischen Charakter angenommen hat“, stellte in diesem Zusammenhang die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg fest. Und dieser „Volkskrieg“, von dem kürzlich die chinesische „Global Times“ schrieb, bedeutet nicht nur die Aufgabe der bisherigen zurückhaltenden und diplomatischen Rhetorik, sondern auch das faktische Eingeständnis, dass der Konflikt mit den USA so oder so über den wirtschaftlichen Aspekt hinausgeht bzw. hinausgegangen ist.
Der Chefredakteur der „Global Times“, Hu Xijin, der in Übersee wegen seiner guten Kenntnisse des Zustandes der chinesisch-amerikanischen Beziehungen manchmal als „chinesisches Orakel“ bezeichnet wird, erläuterte auf Twitter, worum es bei dem Kurswechsel der Rhetorik Pekings geht: „Chinas Entscheidung über die Erhöhung der Tarife und der Einsturz der US-Aktien haben die chinesische Gesellschaft aufgemuntert. Gegenüber den USA hart zu bleiben, den Frieden im Kampf zu erringen – das ist der Konsens der meisten Chinesen. Die USA planen neue Tarife. Die chinesisch-amerikanische Konfrontation hat ihren Höhepunkt erreicht.“
Es sei darauf zu verweisen, dass Hu Xijin zudem einen Tag zuvor zu verstehen gegeben hatte: Chinesische Experten erwägen konkrete Varianten, wie US-Staatsanleihen verkauft werden könnten, was die amerikanischen Finanzmedien nahezu in Panik versetzte. Allerdings schlussfolgerten sie, dass entweder China diesen Schritt nicht wagen oder Präsident Trump davon profitieren würde, auch wenn seine einfachen Mitbürger darunter leiden müssten. „Der ‚Ausverkauf‘ würde zu einer Schwächung des US-Dollars führen, und die USA könnten auf diese Weise ihr Handelsdefizit reduzieren“, so Bloomberg. Diese Einschätzung ist jedoch zu optimistisch und berücksichtigt nicht, was für schlimme Folgen dieser Schritt der Volksrepublik für die US-Finanzmärkte hätte und wie schwer es den Amerikanern künftig fallen würde, ihre Staatsschulden aufzustocken, um ihre Wirtschaft stabil aufrechtzuerhalten.
Peter Schiff, Leiter des Investmenthauses Euro Pacific Capital, meint, dass die logische Fortsetzung des aktuellen Konflikts der US-Wirtschaft nichts Gutes versprechen würde, wobei in Washington viele die Wahrheit einfach nicht einsehen wollen: „Es ist unglaublich, wie wenig Ahnung man von der Natur der chinesisch-amerikanischen Beziehungen hat. China subventionierte seit Jahrzehnten die US-Wirtschaft, lieh uns Geld und lieferte uns Waren. Falls China diese Unterstützung stoppen sollte, würde unsere Wirtschaft der Dienstleistungen, die sich auf Kredite stützt, explodieren“, warnte der Branchenkenner.
Man sollte aber auch nicht glauben, dass dieser Affront für China selbst schmerzfrei bleiben würde. Ganz im Gegenteil: Die chinesische Wirtschaft wuchs jahrzehntelang vor allem dank den Präferenzen beim Zugang zu den US-amerikanischen Technologien, Kapitalen und Märkten, und eine weitere Verschärfung des Konflikts wäre enorm schädlich für die Volksrepublik. Allerdings gibt man in Peking zu verstehen, dass die „Schmerzgrenze“ der einfachen Chinesen höher als die der einfachen Amerikaner sei und dass sie solche Probleme verkraften könnten, unter denen die amerikanische Gesellschaft und das amerikanische politische System zusammenbrechen würden.
Damit besteht Pekings Strategie darin, „das zu ertragen, was die Amerikaner nicht ertragen können“. Das hat man auch im Weißen Haus bemerkt, aber Präsident Trump und sein Team haben diese Information ziemlich merkwürdig aufgefasst: Aus ihrer Sicht setzen die Chinesen darauf, dass 2020 der frühere Vizepräsident, der Demokrat Joe Biden, an die Macht kommt. Trump hat offen gesagt, dass China die bereits getroffenen Vereinbarungen aufgegeben habe, weil es auf künftige Vereinbarungen mit Biden hoffe, den er „einen sehr schwachen Demokraten“ nannte.
In den Medien, die hinter Trump stehen, wird inzwischen über die Verbindungen zwischen Bidens Sohn Hunter mit chinesischen Geschäftskreisen berichtet. Die Klatschzeitung „New York Post“ schrieb beispielsweise, dass Hunter Bidens Unternehmen gleich nach einem China-Besuch des damaligen US-Vizepräsidenten einen Vertrag mit einer chinesischen staatlichen Bank für anderthalb Milliarden Dollar bekommen hätte. Und gerade deswegen nehme Biden Sr. eine sanfte Position im Handelskrieg gegen China ein.
Ob das stimmt oder nicht, ist nicht genau bekannt. Eines ist aber klar: Trumps Team wird China bis zum Geht-nicht-mehr unter Druck setzen. Denn auf dem Spiel steht die Frage, ob die USA ihren Status als globaler Hegemon im 21. Jahrhundert beibehalten können.
Kennzeichnend ist in diesem Zusammenhang die Bemerkung von Trumps Polittechnologe Stephen Bannon, der unlängst gegenüber dem Sender CNBC sagte, dass es „keine Chancen“ gebe, dass der US-Präsident im Handelskrieg nachgeben würde.
Was die Rolle Russlands und auch der EU-Länder im Kontext des Handelskrieges zwischen Washington und Peking angeht, so wird diese allmählich wachsen. Moskau ist offenbar rechtzeitig sein Paket von US-Staatsanleihen losgeworden (wenn die Russen das nach China getan hätten, wäre das für sie mit großen Verlusten verbunden gewesen). Jetzt könnte Russland im Falle einer Neuordnung des globalen wirtschaftlichen und politischen Systems maximal davon profitieren.
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