Sitzen, sitzen, sitzen: Erst auf dem Weg zur Arbeit im Auto oder in der Bahn. Dann den Vormittag über am Schreibtisch, mittags mit den Kollegen in der Kantine, am Nachmittag in Meetings - und am Abend sinkt man müde aufs Sofa. Die Folge: Viele Menschen bewegen sich viel zu wenig.
Wissenschaftler der Universität Stanford haben ermittelt, dass ein Deutscher im Schnitt auf etwa 5.200 Schritte pro Tag kommt. Und das ist schon viel - wer einen Bürojob hat, schafft häufig nur 1.500 Schritte.
Da klingt die Empfehlung, am Tag 10.000 Schritte zurückzulegen, fast utopisch. Es ist unbestritten, dass Bewegung eine Vielzahl positiver Effekte hat. Aber wieso sind es eigentlich genau 10.000 Schritte und nicht etwa 8.000 oder 12.000?
Tatsächlich geht diese Zahl auf die Werbeindustrie zurück: Als 1964 in Tokio die Olympischen Spiele stattfanden, kam erstmals ein Schrittzähler auf den Markt. Er wurde als Man-po-kei vermarktet, was übersetzt etwa 10.000-Schritte-Maß bedeutet.
Keine wissenschaftliche Grundlage für 10.000 Schritte
10.000 ist eine positiv besetzte Zahl in Japan, die für Glück und Freude steht. Der Schrittzähler wurde schnell populär, ebenso das Ziel der 10.000 Schritte: Bald gründeten sich in Japanbeispielsweise viele 10.000-Schritte-Laufvereine. Eine wissenschaftliche Grundlage für diese Zahl von Schritten gab es aber nicht.
Doch selbst, wenn die 10.000 Schritte vor mehr als 50 Jahren in Japan auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruht hätten, wäre diese heute nicht mehr aktuell: Im Schnitt nehmen Deutsche heute zum Beispiel pro Tag rund 900 mehr Kalorien zu sich als die Menschen damals in Japan, zudem sitzen sie mehr und legen mehr Wege mit dem Auto zurück.
Einige Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass heute im Vergleich eher 20.000 Schritte angemessen wären. Spätestens dieses Ziel liegt für die meisten Menschen aber in extrem weiter Ferne - dafür müsste man beispielsweise täglich rund 15 Kilometer zu Fuß zurücklegen.
Mehr Bewegung im Alltag ist förderlich für die Gesundheit
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt demgegenüber 30 Minuten moderate Bewegung am Tag, was schon deutlich realistischer klingt. Eine Studie aus dem Jahr 2015 zeigt sogar, dass es bereits ausreicht, rund 20 Minuten am Tag zügig zu gehen, um sein Sterblichkeitsrisiko um 20 bis 30 Prozent zu senken.
Die meisten Menschen bewegen sich aber auch auf gemessen an dieser Grundlage zu wenig. "85 Prozent der Deutschen sind nicht aktiv genug", sagt Professor Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln.
In der Folge fährt der Stoffwechsel auf ein Minimum herunter und das Risiko für Übergewicht und chronische Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck steigt.
Dabei muss es nicht immer Sport sein - es bringt schon viel, den Alltag aktiv zu gestalten. Gerade Untrainierte benötigen häufig gar nicht so intensive Reize. Froböse rät beispielsweise dazu, regelmäßig die Treppe statt des Aufzugs zu nutzen. "Das kräftigt und formt nicht nur die Gesäß- und Beinmuskulatur, sondern bringt auch den Stoffwechsel auf Trab."
Auch Tätigkeiten im Haushalt und im Garten bieten eine gute Möglichkeit, um aktiver zu werden. Generell gilt die Faustregel, dass man durch Bewegung etwa 1.500 bis 2.000 Kilokalorien pro Woche mehr verbrauchen sollte. "Das heißt, sich mindestens zwei bis vier Stunden in der Woche zusätzlich zum normalen Pensum körperlich zu bewegen."
Hilfreiche Strategien
Im Büro:
Telefonate im Stehen oder Gehen führen
Sich zu einem Geh-Meeting verabreden
Für die Mittagspause nicht die Kantine wählen, sondern lieber ein Lokal, das einige Schritte entfernt liegt
Kollegen bei Fragen nicht anrufen oder ihnen eine E-Mail schreiben, sondern persönlich zu ihnen gehen
Im Alltag:
Einen Fitnesstracker als Ansporn kaufen
Eine Station früher aus dem Bus oder der Bahn aussteigen und den Rest der Strecke zu Fuß gehen, sich beim Warten auf die Bahn bewegen
Einkäufe mit dem Rad oder zu Fuß erledigen
Statt ein Buch zu lesen ein Hörbuch wählen und beim Hören einen Spaziergang machen
Beim Zähneputzen einige Schritte gehen, beim Bügeln auf der Stelle treten
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