Nord Stream 2 zog den Antrag für die Route in den dänischen Hoheitsgewässern südlich von Bornholm zurück und beendete damit das mehr als zweijährige Antragsprüfungsverfahren. Dies sei eine erzwungene Entscheidung, die darauf zurückzuführen sei, dass die dänische Regierung eine ausweichende Position bezogen habe, sagte Alexej Griwartsch, stellvertretender Generaldirektor des Fonds für nationale Energiesicherheit Russlands, gegenüber Sputnik.
„Man hat ein Gesetz verabschiedet, das nachträglich die Regel für die Erteilung einer Baugenehmigung in den Hoheitsgewässern verändert hat. Dabei haben die Beamten den Antrag einfach auf die lange Bank geschoben und innerhalb von zwei Jahren überhaupt keine Schritte unternommen. Wir haben hier mit einer unverhohlenen Politisierung des Vorgangs der Genehmigungserteilung zu tun. Allerdings kann sich die dänische Energiebehörde (DEA) nicht mehr darauf berufen, dass die Entscheidung in Bezug auf zwei andere Anträge nicht getroffen werden kann, bis der erste Antrag existiert. Nun haben sie keine solche Möglichkeit.”
Nord Stream 2 konzentriert sich nun auf zwei Routen nordwestlich und südöstlich von Bornholm. Das Genehmigungsverfahren für diese beiden Routen hat gezeigt, dass alle technischen und ökologischen Voraussetzungen erfüllt werden können und eine Genehmigung nach internationalem Seerecht erteilt werden kann.
Die Fertigstellung von Nord Stream 2 könne nur die Tatsache bremsen, dass die Genehmigung nicht in den nächsten Monaten erteilt werde, erläuterte der Energieexperte.
„Für den Bau der dänischen Route ist die nötige Ausrüstung bereits vorhanden. Nach der Erteilung der Baugenehmigung werden die Bauarbeiten ein paar Wochen in Anspruch nehmen. Das Projekt muss bis Ende 2019 fertig sein. Natürlich wollen wir nicht, dass alles im letzten Moment passiert – es gibt keine bedeutsamen Hindernisse oder Bedenken in Bezug auf die technische und ökologische Sicherheit des Projektes”, unterstrich Griwartsch.
Allerdings versucht Dänemark wieder Steine in den Weg zu legen. Es gibt eine von der DEA gestellte Anfrage, eine alternative Möglichkeit südlich von Bornholm in einer ausschließlichen Wirtschaftszone zu prüfen.
„Der ganze Vorgang ist ziemlich dauerhaft und diese Route ist auch rechtlich erschwert. Es gab hier einen Gebietsstreit zwischen Polen und Dänemark, der erst im Herbst 2018 beigelegt wurde. Nun soll die Vereinbarung ratifiziert werden und in Kraft treten. Im Hinblick auf die Einstellung Polens zu Nord Stream 2 und zur russisch-europäischen Energiepartnerschaft insgesamt kann diese Situation als ein weiteres Hindernis für das Projekt genutzt werden”, meint der Experte.
Die dänische Regierung hat in den zwei vergangenen Jahren seit der Antragstellung keinen Hinweis auf eine Entscheidungsfindung gegeben. Die Rücknahme des Erstantrags ist erforderlich, um Nord Stream 2 sowie seine Aktionäre und seine europäischen Investoren aus Österreich, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden vor den Risiken zu schützen, die mit weiteren Verzögerungen und möglichen finanziellen Verlusten verbunden sind, so Nord Stream 2 in einer Mitteilung.
Die Nichtpolitisierung des russisch-europäischen rein wirtschaftlichen Projektes hat die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer gefordert. 93 Prozent der deutschen Wirtschaft spricht sich laut einer jüngsten AHK-Umfrage für dieses Projekt aus, betonte der Vorstandsvorsitzende des österreichischen Mineralölkonzerns OMV, Rainer Seele, auf einer Pressekonferenz in Moskau.
„Wir fordern, dass dieses Projekt Nord Stream 2 nicht unnötig politisiert wird, denn es wird und bleibt ein wirtschaftliches Projekt. Deutschland braucht die zusätzlichen Kapazitäten über Nord Stream 2“, so Seele.
Die US-Sanktionen, mit denen Trump den am Pipelineprojekt beteiligten europäischen Firmen (Uniper, Wintershall, OMV, Royal Dutch Shell, Engie) droht, bereiten ebenfalls Sorgen. Sie seien noch unbekannt, sollten aber schon heute in Kenntnis genommen werden. Fünf europäische Firmen – Finanzpartner dieses Projektes, haben den größten Teil dieser Pipeline schon finanziert.
„Die Pipeline liegt zu 60 Prozent schon auf dem Boden der Ostsee. Man muss fragen, welchen Sinn und Zweck hat eine solche Sanktionsmaßnahme noch? Wo wir jetzt auch wenige Monate abwarten müssen, dann ist die Pipeline vollständig gebaut. Eines ist klar: Sanktionen können nicht retroaktiv implementiert werden. Die verbleibende Restfinanzierung bei Nord Stream 2, die für uns dann von Relevanz ist, das könnte in einem solchen Szenario die Gazprom sicherlich auch allein stimmen“, so OMV-Chef Rainer Seele.
sputniknews
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