Tod im U-Bahnhof: Russisches TV nutzt Vorfall für Propaganda

  27 Januar 2016    Gelesen: 820
Tod im U-Bahnhof: Russisches TV nutzt Vorfall für Propaganda
Der Tod einer 20-Jährigen im U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz beschäftigt auch russische Medien. Der Fall wird dort anders dargestellt.
Der Fall der 20-Jährigen, die am Berliner U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz von einem psychisch Kranken vor einen Zug gestoßen wurde und dabei ums Leben kam, ist auch Thema in den russischen Medien. Der Beitrag des russischen Senders "Pyatij Kanal" erweckt allerdings den Eindruck, als sei er ein weiteres Propaganda-Video, um die Stimmung gegen die Flüchtlinge in Deutschland anzuheizen ­– ähnlich wie in dem Fall der angeblich vergewaltigten 13-Jährigen aus Marzahn. Mit den Worten "Über einen weiteren Tropfen in die Schale der europäischen Geduld", kündigte der russische Moderator Gleb Protasenko den zweiminütigen Bericht an.

Jedoch widersprechen die darin präsentierten Fakten den Angaben der deutschen Polizei und Staatsanwaltschaft. So berichtet die Moderatorin der Sendung, Olga Nagornaya, der mutmaßliche Täter sei ein iranischer Flüchtling gewesen. Überdies sei der Mann bereits in der Vergangenheit wegen verschiedener kleiner Kriminaldelikte aufgefallen, sei aber immer wieder ungestraft davongekommen.

Weiter heißt es dann, der 28 Jahre alte "Flüchtling" sei auf der Suche nach einer Unterkunft oder wenigstens einer Übernachtungsmöglichkeit gewesen, so wie eben viele Flüchtlinge derzeit in Berlin. Der Vorfall auf dem U-Bahnsteig wird dann so geschildert: Als die 20 Jahre alte Berlinerin sich kurz zum ungepflegten Aussehen des Mannes geäußert habe, habe dieser mit Anlauf die junge Frau vor die einfahrende Bahn gestoßen. Soweit das russische Fernsehen.

Das Motiv für des Täters ist noch immer unklar

Was aber war tatsächlich passiert? Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der psychisch kranke 28-Jährige, ohne einen festen Wohnsitz, vergangene Woche aus Hamburg nach Berlin gekommen war. Nachdem er keinen Schlafplatz in einem Obdachlosenheim bekommen hatte, hatte er sich auf den Weg zu einer anderen Unterkunft gemacht. An der U-Bahnstation Ernst-Reuter-Platz stieß er dann die ihm unbekannte Frau ohne vorherigen Streit vor einen einfahrenden Zug. Warum er dies tat, ist noch immer unklar.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kam der Mann noch am selben Abend in eine psychiatrische Klinik. Eine Blutprobe nach dem Angriff ergab keine Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum. Dass der junge Mann mit iranischem Migrationshintergrund in Hamburg geboren wurde und dort aufwuchs, verschweigen die Autoren des russischen Fernsehbeitrags. Dort heißt es hingegen, der "Flüchtling" habe in Berlin eine erneute Panikwelle unter den Passagieren der U-Bahn – vor allem den unter weiblichen Fahrgästen – ausgelöst.


Russlanddeutsche protestieren gegen Merkels Flüchtlingspolitik

Die Autoren des Beitrags werfen den deutschen Behörden auch in diesem Fall vor, die Straftat eines Flüchtlings vertuschen zu wollen. Und die deutschen Medien würden diese Vertuschung unterstützen. Sie würden über ähnliche Fälle berichten, die von Deutschen begangen worden waren, um von den gewalttätigen Flüchtlingen abzulenken.

Bereits am 16. Januar sorgte ein Fernsehbeitrag für den größten russischen Staatssender "Pervij Kanal" über die angebliche Vergewaltigung einer Minderjährigen aus Mahlsdorf für Verwirrung. Am Sonnabend protestierten 700 Menschen, die meisten von ihnen Russlanddeutsche, unter dem Motto: "Protest gegen sexuelle Übergriffe von Flüchtlingen gegen Frauen und Kinder" vor dem Bundeskanzleramt.

Insgesamt gingen am vergangenen Wochenende 10.000 Menschen, vor allem Russlanddeutsche, bundesweit auf die Straßen, um gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik zu demonstrieren. Sie folgten organisierten Aufrufen innerhalb ihrer Community.

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