Im Land des Nicht-Lächelns: Warum so mürrisch?

  09 Auqust 2019    Gelesen: 620
  Im Land des Nicht-Lächelns:   Warum so mürrisch?

Bitte recht freundlich? Nicht mit uns! Hierzulande blicken die Menschen lieber griesgrämig und muffelig in die Weltgeschichte. Warum eigentlich? Ein Plädoyer fürs Lächeln.

Haben wir Deutschen wirklich so wenig zu lachen? Kehrt man aus dem Urlaub nach Hause zurück, fällt unerfreulich auf, womit sich viele von uns im Rest des Jahres abfinden: Statt entspannter, zufriedener, freundlicher Gesichter allerorts nur mürrische Mienen, hängende Mundwinkel und Zornesfalten.

Dabei heißt es doch, Lachen sei die beste Medizin. Und tatsächlich soll es das Immunsystem stärken, die Durchblutung der Haut verbessern, stressreduzierend wirken, die Muskulatur verbessern, das Herz-Kreislauf-System anregen und Schmerzen lindern.

Fremde anlächeln liegt uns nicht

Gewiss, wir Deutsche sind generell eher zurückhaltend und fremden Menschen zuzulächeln ist unser Ding nicht. Schlimmer noch: Ein freundlicher Gesichtsausdruck wird bisweilen sogar als dumm, oberflächlich, albern oder respektlos angesehen.

Auffallend ist aber: Nach einem Urlaub jenseits der Muffelgrenze mutieren selbst Griesgrame gerne mal zu Gelegenheits-Lächlern. Was nicht allein an der Erholung liegt, sondern auch daran, dass woanders mehr gelächelt wird. Und das färbt ab, zumindest eine Weile.

Die schönste Form der Kommunikation

Vielerorts beherzigt man nämlich, was wir verschmähen: Lächeln als die einfachste und schönste Form der Kommunikation, eine Universalsprache jenseits von Geschlecht und Herkunft. Es löst die stärksten Emotionen aus, signalisiert Offenheit, verbindet, gehört zum Menschsein dazu.

Lachen ist uns in die Wiege gelegt, auch wenn wir es im Laufe unseres Lebens immer seltener tun. Kinder lachen täglich ungefähr 400 Mal, bei Erwachsenen liegt der Tagesdurchschnitt lediglich bei 15 bis 20 Mal, je nach genetischer Veranlagung, Erziehung und Kulturkreis.

Kinder bringen uns zum Lachen

Fakt ist aber: In Gegenwart von Kindern lächeln wir öfter, denn Kinderlachen wirkt auch auf Erwachsene ansteckend. Schon in den ersten sechs Lebensmonaten gibt es bereits 30.000 sogenannte "Lächelkontakte" zwischen Eltern und Kind.

Vorige Woche war ich mit meiner Stieftochter im Zug unterwegs. Ihr gegenüber saß ein Herr, der ziemlich muffelig dreinschaute. Als er zu ihr hochblickte, lächelte sie ihm zu, Erstklässlerzahnlücke inklusive. Doch sein Gesichtsausruck blieb unverändert griesgrämig.

Als freundlicher Viel-Lächler fand ich das irritierend, schroff, unmöglich. Nachdem wir ausgestiegen waren, sagte ich deshalb zu ihr: "Es war sehr lieb von dir, dass du versucht hast den Mann aufzuheitern."

Sie erklärte mir: "Der hatte Sorgen, seine Mundfalten haben nach unten gezeigt." Das rührte mich. "Tut mir leid, dass er nicht zurückgelächelt hat," wollte ich sie trösten, aber sie grinste und sagte: "Nein, er hat sich gefreut, ich hab’s gesehen; sein Mund hat ganz kurz geblitzchelt."

Besser künstlich als gar nicht

Da wiederum musste ich "blitzcheln“. Auch wenn ich nach wie vor finde, dass sich niemand einen Zacken aus der Krone bricht, indem er ein Lächeln erwidert – vor allem das eines Kindes, ob ihm nun gerade danach zumute ist oder nicht.

Überhaupt, mit einem Lächeln tun wir nicht nur anderen etwas Gutes, sondern auch uns selbst – ganz gleich ob es von Herzen kommt oder aufgesetzt ist. Unser Körper unterscheidet nämlich nicht zwischen einem künstlichen und einem echten Lachen. In beiden Fällen schüttet er Glückshormone aus – und uns geht es besser als zuvor.

Und jetzt allen Ernstes, aber mit freundlichen Grüßen: Wer lächelnd durchs Leben geht, hat mehr davon.

 

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