Anschlag mit Handgranate auf Flüchtlingsheim

  30 Januar 2016    Gelesen: 743
Anschlag mit Handgranate auf Flüchtlingsheim
Ein Anschlagsversuch mit einer Handgranate auf ein Flüchtlingsheim in Baden-Württemberg hat bundesweit für Entsetzen gesorgt. Unbekannte Täter warfen die Granate in der Nacht zum Freitag auf die Unterkunft in Villingen-Schwennigen. Sie explodierte jedoch nicht. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, schließt aber einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus. Politiker riefen zu einem entschlossenen Vorgehen gegen ausländerfeindliche Gewalt auf.
Die unbekannten Täter warfen nach den bisherigen Ermittlungen die mit Sprengstoff geladene Handgranate kurz nach ein Uhr in der Nacht über den Zaun um die Unterkunft. Sie landete demnach in der Nähe eines Container für Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes. Es wurde niemand verletzt, es entstand auch kein Sachschaden an der Erstaufnahmestelle.

Spezialisten des Landeskriminalamtes brachten die Granate kontrolliert zur Explosion.
Unklar blieb zunächst, ob ein Zünder eingebaut war. Dies sei die "entscheidende Weichenstellung", sagte der zuständige Konstanzer Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth. Wenn dieser vorhanden sei und die Granate nur wegen eines technischen Defekts nicht gezündet habe, "stehen schwerste Verbrechen im Raum".

Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben zunächst in alle Richtungen. Ein Schwerpunkt ist demnach dabei die Möglichkeit eines fremdenfeindlichen Hintergrunds. Geprüft wird aber auch, ob der Container des Sicherheitspersonals getroffen werden sollte. Die Polizei setzte eine 75-köpfige Sonderkommission "Container" ein. Bei ihren Ermittlungen arbeiten die Ermittler auch mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz zusammen.

Bundespolitiker reagierten entsetzt auf den Anschlagsversuch. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem "feigen" Angriff. Die Attacke sei "inakzeptabel", sagte de Maizière dem Sender N24. Er setze nun auf schnelle Ermittlung und eine Anklage gegen die Urheber des "infamen" Angriffs.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte, das "Ausmaß der Gewalt" sei "erschreckend". Er hob hervor: "Wir können alle nur dankbar sein, dass dieses Mal niemand verletzt wurde." Ein Sprecher des Justizministeriums sagte, Maas habe die Landesjustizminister für den März nach Berlin eingeladen, um über eine bessere Strafverfolgung ausländerfeindlicher Gewalt zu diskutieren. "Sprengkörper auf Flüchtlingsheime fliegen heute schon, wir dürfen nicht abwarten, bis es die ersten Toten gibt", sagte Maas.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter erklärte, Deutschland müsse "diesen neuen rechten Terror sehr ernst nehmen". Die Gewalt gegen Zuwanderer habe in den vergangenen Monaten eine "neue Qualität erreicht", gegen die es entschlossen vorzugehen gelte. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger kritisierte, die Flüchtlingsdebatte habe ein "erschreckendes Ausmaß menschenverachtendem Gedankenguts bis in die Mitte der Gesellschaft hinein offenbart".

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, sagte dem Sender SWRinfo, die Polizei brauche eine deutliche Aufstockung, um dem Anstieg rechter Gewalt entgegenzutreten. Das sei allein daran zu erkennen, dass seine Kollegen "im Januar so viele Überstunden aufbauen werden wie in den vergangenen zehn Jahren nicht". Er versicherte jedoch, dass jede Spur intensiv verfolgt werde.

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