Irre Inkasso-Idee: Wie Trump mit historischen Anleihen Russland und China unter Druck setzen könnte

  02 September 2019    Gelesen: 1358
    Irre Inkasso-Idee:   Wie Trump mit historischen Anleihen Russland und China unter Druck setzen könnte

Als Bloomberg Informationen veröffentlichte, dass die Trump-Administration die Frage der „Wiedererstehung“ der chinesischen Schulden von vor einem Jahrhundert betrachtet, um sich zusätzliche Vorteile im Handelskrieg gegen China zu verschaffen, dachten viele, dass die Nachrichtenagentur verrückt geworden sei.

Denn die Forderungen wegen Insolvenz-Schulden aus der Ära des kaiserlichen Chinas sind selbst für das extravagante Team des jetzigen US-Präsidenten zu viel. Chinesische Staatsanleihen der kaiserlichen Zeit (wie auch russische vorrevolutionäre Anleihen) haben heutzutage eher einen historischen Wert für Sammler. Doch die Situation kann sich ändern. Die Chefin von American Bondholders Foundation, Jonna Bianco, sagte, dass sie mit Mitarbeitern der Trump-Administration und Handelsminister Wilbur Ross eine Idee erörtert habe, die dem US-Staatschef sehr gefallen könnte – alte chinesische Staatsanleihen nutzen, um mit China die Billion Dollar zu verrechnen, die vom chinesischen Staat in US-Staatsanleihen investiert wurde.

Trump hatte während seines Wahlkampfes kritisiert, dass ausländische Geldgeber über zu viele US-Staatsanleihen verfügen würden. Obwohl eine solche Entwicklung eher unwahrscheinlich ist, könnte man sich ein Szenario vorstellen, bei dem Trump beschließt, mit dem größten geopolitischen Feind der USA mit „chinesischem Bonbonpapier“ zu verrechnen.

Lässt man die Folgen für den US-Schuldenmarkt und das Dollarsystemeinmal beiseite und betrachtet die taktischen Folgen dieser Handlungen, muss zugegeben werden, dass diese Strategie aus der Sicht der Wählerschaft und des Schadens für China bestimmte Vorteile hat. Nach Einschätzung der American Bondholders Foundation liegt der Wert der ungetilgten kaiserlichen Anleihen Chinas bei ungefähr einer Billion Dollar. Der Wert des chinesischen Portfolios der US-Staatsanleihen beläuft sich laut Einschätzung des US-Finanzministeriums von Juni 2019 auf 1,1 Bio. Dollar. Das eröffnet umfassende Möglichkeiten. Auf der einen Seite wird mit einer Geste (Abkauf von Staatsanleihen bei privaten Besitzern der „chinesischen Bonbonpapiere“ für einen symbolischen Preis und dem Versuch, diese mit China zu verrechnen) rund ein Drittel der chinesischen Gold- und Währungsreserven auf Null gesetzt, was ziemlich Peking große Probleme bereiten kann. Auf der anderen Seite kann Trump vor dem Hintergrund des Wahlkampfes 2020 den Wählern sagen, dass er für den US-Haushalt eine Billion Dollar eingespart und China bestraft habe – zumindest für die Wähler kann das als patriotisch und vorausschauend erscheinen. Obwohl diese Idee irre erscheint, denkt der US-Staatschef über solche verrückten Maßnahmen zur Lösung der Probleme mit den US-Schulden nicht zum ersten Mal nach. So sprach Trump bereits (darunter öffentlich) zwei radikale Szenarien zum Abbau der Staatsschulden an – direkte Insolvenz (bzw. Restrukturierung), die ausländischen Investoren gehören, und „Drucken der notwendigen Menge an US-Dollar“, um diese gleich mit allen Geldgebern zu verrechnen.

Sein Umfeld redete Trump offenbar diese radikalen Maßnahmen aus. Vielleicht hatte er auch Angst vor Reaktion der Investoren. Doch an diesem Punkt sollten zwei Details berücksichtigt werden – diese Maßnahmen sahen nicht konkret eine Bestrafung Chinasvor, der Handelskrieg gegen China war damals erst am Anfang und hatte noch nicht die jetzige Stufe der Eskalation erreicht.

Das Thema Wiederbelebung der alten und seit langem abgeschriebenen Schulden könnte die USA außenpolitisch auch anderweitig nutzen. Moskau könnte an die Schulden aus dem Russischen Reich erinnert werden, wobei alle postrevolutionären Vereinbarungen ignoriert würden. Schüchterne Schritte in diese Richtung sahen wir bereits seitens französischer „Investoren“, die die Frage der Schulden aus der Zarenzeit im Zusammenhang mit den Verhandlungen der Präsidenten Macron und Putin stellten:

„Der Abgeordnete der französischen Nationalversammlung Francis Vercamer bat zu erklären, was die Regierung zu tun bereit sei, um die Frage der russische Zahlungen für die Staatsanleihen aus der Zarenzeit endgültig zu lösen“.

Die US-Gesetzgeber hatten 1976 ein Gesetz verabschiedet, welches es den US-Gerichten ermöglicht, Klagen wegen Staatsanleihen zu behandeln, die in anderen Rechtshoheiten und nach Gesetzen anderer Staaten herausgegeben wurden. Zudem gibt es sogar einen Präzedenzfall für die Erörterung einer solchen Klage in Bezug auf Staatsanleihen, die vor 1976 herausgegeben wurden - dieses Gesetz wurde demnach rückwirkend angewendet. Die Verwandlung der Frage nach „chinesischem Bonbonpapier“ in eine Frage der Erfüllung der Beschlüsse der US-Justiz durch einen ausländischen Staat - das entspricht ganz dem Stil Trumps.

Die wahrscheinlichste Erklärung besteht wohl darin, dass Washington Peking im Handelskrieg einschüchtern will. Deshalb ist auch klar, warum sich das Weiße Haus weigert, diese Situation zu kommentieren.

Noch eine wichtige Schlussfolgerung: Wenn der größte Schuldner der Welt, die USA, seit mehreren Jahren nach einer passenden Methode sucht, um seine Geldgeber nicht auszuzahlen, kann man sich absolut sicher sein, dass eine Methode, die dem Weißen Haus passen wird, früher oder später gefunden und angewendet wird. In diesem Kontext sieht die vorbeugende Abkehr Russlands von den US-Staatsanleihen sehr vorausschauend aus.

sputniknews


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