„Tun dies nicht explizit mit der Absicht, anderen zu schaden“

  03 September 2019    Gelesen: 783
„Tun dies nicht explizit mit der Absicht, anderen zu schaden“

Bei Hochzeitskorsos handle es sich nicht um Provokationen und Machtdemonstrationen, schreibt der Leiter des Zentrums für Türkeistudien. Er wirbt um Verständnis und vergleicht die Teilnehmer an den Korsos mit Fußballfans.

 

er Leiter des Zentrums für Türkeistudien hat um Verständnis und Augenmaß bei der Beurteilung türkischer oder arabischer Hochzeitskorsos geworben. Es handele sich nicht um Provokationen oder Machtdemonstrationen gegen die deutsche Mehrheitsgesellschaft, schreibt Professor Haci-Halil Uslucan (Uni Duisburg/Essen) im Vorfeld einer Anhörung des Landtags.

Mit der Hochzeit werde die sexuelle Beziehung eines Paares als legitim anerkannt. Dies werde traditionell lautstark nach außen kommuniziert, um bösen Gerüchten zuvorzukommen. Dies stamme aus Zeiten, in denen der Umgang mit Sexualität weit weniger liberal gewesen sei als heute. Der Adressat sei aber die eigene Community, nicht die deutsche Mehrheitsgesellschaft.

„Diejenigen, die ihrer Freude Luft verschaffen, tun dies nicht explizit mit der Absicht, anderen zu schaden“, so der Türkeiexperte. Dies sei eher vergleichbar mit Fußballfans, die nach einem gewonnenen WM-Spiel ihrer Mannschaft im Übermut zeitweilig Straßen blockieren. Außerdem könnten Schläge auf die türkische Trommel eine Lautstärke erreichen, die mit Schüssen aus Schreckschusspistolen verwechselt werden könnten.

Die Verwendung von Nationalflaggen sei zudem kein Hinweis auf politische Überzeugungen. Türkische Fahnen würden auch von Erdogan-Gegnern verwendet. Es müssten schon zusätzliche Insignien wie drei Halbmonde benutzt werden, um daraus eine politische Gesinnung abzuleiten, so Uslucan.

Der Türkei-Experte mahnte zu Augenmaß: Es dürfe nicht vergessen werden, dass der Großteil der oft sehr großen Hochzeitsfeiern mit 1000 bis 2000 Gästen friedlich verlaufe.

Vor repressiven Maßnahmen sollte zunächst die Aufklärung stehen: Um über Gefahren aufzuklären, die von ausufernden Autokorsos ausgehen, sollten für Zuwanderer geeignete Kommunikationskanäle wie Konsulate und Migrantenvereine genutzt werden.

Ansprechpartner im konkreten Einzelfall seien die Eltern des Brautpaares: Sie seien nicht nur die Finanziers der kostspieligen Feiern, sondern auch die Autoritätspersonen, auf die die jüngeren Gäste – in der Regel – hören.

Am vergangenen Wochenende hatten in der Region Aachen der Polizei zufolge gleich drei türkische Korsos für Ärger gesorgt: Aus Aachen, Stolberg, Würselen und Alsdorf erhielt die Aachener Polizei erboste Anrufe, weil die Korsos mit bis zu 25 Autos für erhebliche Verkehrsbehinderungen gesorgt hätten. In Aachen zeigte die Androhung der Polizei schließlich Wirkung, Autos abzuschleppen und sicherstellen zu lassen. Rotlichtverstöße seien geahndet worden.

In Herne stellte die Polizei bei einer Hochzeitsfeier zwei Schreckschusswaffen samt Munition sicher. Aus einer der Pistolen sei in die Luft geschossen worden. Die Polizisten schrieben eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Quelle : welt.de


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