Sie kam, sang und siegte: Nach diversen teilweise mit Fan-Unmut quittierten Absagen beim Wagner-Festival Bayreuth und den Salzburger Festspielen betritt Opern-Diva Anna Netrebko am Mittwoch Berliner Bühnenparkett.
Mit ihrem eindringlichen dunkel-samtig gefärbten Eingangsmonolog als "Adriana Lecouvreur" in der gleichnamigen Oper von Francesco Cilea zieht die russische Sopranistin das Premierenpublikum sogleich in den Bann.
Die Zusammenarbeit mit Dirigent und Orchester mag so manchen überraschen, schließlich hört man, die Diva habe keine einzige Probe besucht und sei erst anderthalb Stunden vor der Aufführung mit ihrer Entourage eingetroffen.
Da sie mit der Partie der "Adriana" gewissermaßen auf Tournee ist und in dieser Rolle bereits an der Metropolitan Opera New York und in Salzburg zu erleben war, mag dies Auswuchs, oder vielmehr Blüte, der Professionalität der wohl berühmtesten lebenden Opernsängerin der Welt sein.
Dem Konzerterlebnis tut dies keinen Abbruch: ihr Anfangs noch etwas Kühle versprühender Charme umfängt alsbald glühend-leidenschaftlich den geneigten Operngänger. Dies ist sicher auch dem Plot der Oper - dicht an Liebesverwicklung, Eifersucht und Drama samt Diven-Tod ob eines vergifteten Veilchenstraußes - geschuldet. Und der Anwesenheit des Ehemannes der Netrebko auf der Bühne, mag man meinen: Yusif Eyvazov interpretiert die Rolle des Maurizio, des historischen Grafen Moritz von Sachsen als Geliebtem der Protagonistin - und der spart nicht an Umarmungen wie Küssen. Der Tenor wirkt berückend heldenhaft.
Stimmlich ist die Russin ein sanfter Orkan - ihr mittlerweile dunkler eingefärbter Sopran unverwechselbar, zieht scheinbar mühelos sämliche Belcanto-Register und tunkt das Opernhaus in sphärische Wohlklänge - Unkenrufen, sie würde stimmlich tricksen, zum Trotz. Zum Hörerlebnis kommt der Augenschmaus hinzu: Zunächst in smaragdgrün-wallendem Organza-Ensemble mit brillant-glitzerndem Glamourkopfputz, dann in tomatenrotem Abendkleid und zum finalen Akt in elegant seidig-schimmernd nachtschwarzer bodenlanger Robe mit Glitterguss. Von ihren darstellerischen Qualitäten einmal ganz abgesehen. Trotz konzertanter Aufführung - die sie mittlerweile bevorzuge - erfreut ihr Zusammenspiel mit den Theaterkollegen auf der Bühne. Da ist sie ganz Teamplayerin, obgleich das Gros der Opern-Karten an ihre Fangemeinde geht.
Die Diva zeigt sich zum Schlußapplaus in neckisch-kecker Interaktion mit ihren Anhängern: Ihr Bouquet ins Publikum werfend realisiert sie, womöglich "wieder jemanden mit Blumen erschlagen" zu haben und konstatiert bei Instagram ihre Zufriedenheit mit der Berliner Premiere: "Ein großer Erfolg für uns!"
Und das Fazit von Opern-Experte Ulrich Ruhnke vom Magazin „Oper!“ am Premierenabend im Gespräch mit Sputnik:
"Anna Netrebko begeistert als supersouveräne Adriana Lecouvreur. Und Mezzo-Wucht Olesya Petrova (als Rivalin Principessa di Bouillon - Amn. d. Red.) überrascht das Publikum. Ein hochkrätiger Genussabend."
Weitere Vorstellung von „Adriana Lecouvreur“ am Sonnabend, 7.September an der Deutschen Oper Berlin unter dem Dirigat von Michelangelo Mazza. Mit Anna Netrebko, Olesya Petrova, Patrick Guetti, Burkhard Ulrich, Alessandro Corbelli, Vlada Borovko, Aigul Akhmetshina, Padraic Rowan, Ya-Chung Huang, am Piano: Elda Laro.
sputniknews
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