Seit rund einer Woche sind nach einem Bericht von „France Info“ rund 80 Frauen unterwegs, um Plakate in der Hauptstadt zu kleben. Damit wollen sie auf die zum Teil tödliche Gewalt von Männern gegenüber Frauen hinweisen, inbesondere auf Ermordungen von Frauen ("féminicides").
Am Freitagabend nun verhängte die Pariser Polizei laut „Parisien“ Geldbußen gegen sechs der Frauen, jeweils in Höhe von 68 Euro, also etwas mehr als 400 Euro insgesamt. Die Aktivistinnen klebten Plakate im Umfeld des Senates, der Nationalversammlung und des Amtssitzes von Premierminister Philippe.
„Es wird zu viel geredet und zu wenig gehandelt“
Die Begründerin der Proteste, Marguerite Stern, hat in mehreren Interviews ihre Motivation erläutert. Dem „Figaro“ sagte sie, man wolle die Frauen sichtbar machen, die durch die Schläge ihrer (Ex-)Partner gestorben seien. Also habe man zum Beispiel die Namen all der Frauen an die Wände geklebt, die dieses Jahr getötet worden seien – mit dem Zusatz, auf welche Weise, zum Beispiel „erwürgt“ oder „erstochen“.
Stern hat sich früher für die Femen-Bewegung engagiert. Im Interview mit „France Info“ zeigte sie sich trotz der Bußgelder unbeirrt. Den Polizeibeamten sei man nicht böse, sie hätten nur das Gesetz angewendet und das unrechtmäßige Plakatieren bestraft. Dennoch werde im Land zu viel geredet und zu wenig gehandelt, sagte Stern. Sie bezog sich ausdrücklich auch auf einen Runden Tisch ("Grenelle des violences conjugales"), der am vergangenen Dienstag seine Arbeit aufnahm.
Premierminister Philippe kündigte dabei erste Maßnahmen gegen die Morde an Frauen an. Dazu zählen 1.000 Notaufnahmeplätze für die Opfer von häuslicher Gewalt sowie die Möglichkeit für Frauen, noch im Krankenhaus Anzeige zu erstatten. Sehr engagiert ist auch die zuständige Staatssekratärin Marlène Schiappa, die sich seit langem gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt.
Marguerite Stern bleibt kritisch. Sie verstehe den Sinn des Runden Tisches nicht. Man wisse doch, was gebraucht werde: vor allem mehr Geld für neue Fraueneinrichtungen. Im Interview mit „France Info“ sagte die Aktivistin: „Wenn weitere illegale Aktionen nötig sind, damit Frauen nicht länger durch die Schläge ihrer Männer sterben, dann sind wir bereit dazu. Wir werden weiter auf die Straße gehen und Plakate kleben“. Nach ihren Angaben hängen mittlerweile 270 Plakate. Frauen in anderen französischen Städten haben sich den Aktionen angeschlossen.
100 Morde an Frauen bereits in diesem Jahr
Auf den Plakaten finden sich – meistens in schwarzen Großbuchstaben – Parolen wie „Den ermordeten Frauen – das Vaterland ist gleichgültig“ ("Aux femmes assassinées – la patrie indifférente") oder „Sie verlässt ihn, er tötet sie“.
Das Innenministerium zählte für 2018 insgesamt 121 Fälle von tödlicher Gewalt gegen Frauen. In diesem Jahr sind es bisher mehr als 100. Die Stadt Paris gedachte der Opfer vor kurzem mit einer Kundgebung.
In Deutschland sind die Zahlen ähnlich: Nach Angaben des Bundeskriminalamtes starben 2017 insgesamt 141 Frauen durch Gewalt in der Partnerschaft.
deutschlandfunk
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