BVB fehlt der krönende Abschluss

  18 September 2019    Gelesen: 908
BVB fehlt der krönende Abschluss

Borussia Dortmund legt in der Champions League gegen den FC Barcelona eine fulminante Partie hin. Dass die Katalanen im Revier mit einem blauen Auge davonkommen, liegt vor allem an einem überragenden Torhüter, der sich in der Nationalelf unfair behandelt fühlt.

Als letzter Dortmunder kam Mats Hummels aus der Kabine. Kurz nach Mitternacht stellte sich der Manndecker den wartenden Journalisten in der Mixed Zone. Seit seiner Rückkehr aus München ins Revier hat sich der Weltmeister von 2014, der über seinen Beruf so eloquent zu parlieren weiß, rhetorisch auffallend zurückgehalten. In dieser Nacht machte er eine Ausnahme und gab ausführlich Auskunft.

Es war kühl geworden, Hummels hatte die Kapuze seines Sweatshirts über den Kopf gezogen, um seinen Hals war sein Kopfhörer drapiert. In der zweiten Halbzeit der Champions-League-Begegnung gegen den FC Barcelona habe sein Team "ein richtig gutes Spiel hingelegt", betonte der 30-Jährige: "Genau so, wie wir und die Fans uns das vorgestellt haben. Es hat lediglich der krönende Abschluss gefehlt."

Das war fein beobachtet vom ehemaligen Nationalspieler, der sich zu einem der beiden überragenden Protagonisten dieses Abends aufgeschwungen hatte. Hummels agierte mit der Aura, die ihn einst zu einem der weltbesten Innenverteidiger gemacht hatte. Der zweite Akteur, der diesem Spiel den Stempel aufdrückte, war Marc-André ter Stegen. Barcelonas Torhüter bewahrte sein Team mit einer Weltklassepartie vor einer Niederlage, die nach den Kräfteverhältnissen eines in jeder Hinsicht bemerkenswerten Abends eigentlich zwingend gewesen wäre.

Gerade einmal ein Torschuss für Barca

So blieb es zum Auftakt der neuen Saison in der Königsklasse bei einem torlosen Remis, das für das Starensemble aus Spanien überaus schmeichelhaft war. Und deshalb resümierte Hummels: "Wir gehen eher mit dem Gefühl nach Hause, dass wir hier etwas verpasst haben." Das Spielgeschehen kann man kaum anders deuten, wie auch Dortmunds Trainer Lucien Favre einräumte: "Das Ergebnis müssen wir akzeptieren. Aber wir nehmen heute vor allem die positiven Dinge mit." Und da gab es jede Menge.

Favre gilt als bekennender Anhänger der Fußballschule von "Barca", seit er im Jahre 1993 als Trainernovize beim großen Niederländer Johan Cruyff hospitierte. "Barcelona kann man nicht kopieren. So etwas aufzubauen, dauert viele Jahre", sagt der Schweizer, und doch hat er einige grundlegende Dinge für seine Teams adaptiert: Ballsicherheit, technisches Vermögen, schnelles Passspiel, gepaart mit einer aufopferungsvollen Laufbereitschaft – das alles summierte sich an diesem Abend zu einem Gesamtkunstwerk, mit dem sogar der große FC Barcelona in die Knie zu zwingen ist.

So darf man das getrost formulieren, auch wenn sich das nicht in Zahlen widerspiegelt. Ein torloses Remis und damit eine Punkteteilung, das klingt nicht gerade nach einem Abend mit gesteigertem Erinnerungswerk. Und doch war das, was die Gastgeber in 90 Minuten auf den Rasen brachten, in vielen Phasen spektakulär. Sage und schreibe 14:1 Torschüsse, mit einer solch drückenden Übermacht sieht sich der FC Barcelona – eine der ruhmreichsten Vereine dieses Globus – nur alle Jubeljahre konfrontiert.

Die Katalanen hatten es einzig und allein ihrem überragenden Torhüter zu verdanken, dass sie den Rückzug von der Dienstreise ins Ruhrgebiet nur halbwegs lädiert, aber nicht vernichtend geschlagen antreten durften. Ter Stegen erbrachte den Nachweis, dass er die Kritik an der seiner Meinung nach unzureichenden Berücksichtigung in der Nationalmannschaft mit beeindruckenden Taten untermauern kann.

Ter Stegen bringt Reus um den Verstand


Dieser Torhüter ist nun wirklich kein Maulheld. Im Gegenteil, allein ter Stegens spektakuläres Privatduell mit Marco Reus war das Eintrittsgeld wert. Dortmunds Kapitän scheiterte mit fünf erstklassigen Möglichkeiten – darunter einem Strafstoß – am wie entfesselt haltenden Keeper, mit dem er einst in Mönchengladbach in einer Mannschaft gespielt hatte. Übrigens unter dem Trainer Lucien Favre. "Wir müssen das Spiel deutlich gewinnen", konstatierte Dortmunds Keeper Roman Bürki, der das Scheibenschießen weitgehend beschäftigungslos aus der Entfernung beobachtete: "Doch Marc-André ter Stegen hat das nicht zugelassen.

Dass sein Kollege Reus im heimischen Stadion zum tragischen Helden wurde, war für den Schweizer eine Marginalie, "er hat uns schon so oft den Arsch gerettet". Dennoch dürfte der "Fußballer des Jahres" nachts noch mehrmals aufgeschreckt sein und an seinen omnipräsenten ehemaligen Mitspieler gedacht haben – auch Reus spielte vor seiner Zeit bei Dortmund in Mönchengladbach. Weil auch noch der Weitschuss des eingewechselten Julian Brandt an die Latte klatschte, kamen die Gäste von der iberischen Halbinsel am Ende tatsächlich mit einem blauen Auge davon.

Barça konnte die Partie nicht einmal in die gewünschte Richtung drehen, als wenige Minuten nach dem parierten Elfmeter der wertvollsten Joker eingewechselt wurde, den der Weltfußball zu bieten hat: Lionel Messi, der sich nach überstandener Wadenverletzung spielfähig gemeldet hatte, durfte zwar eine halbe Stunde mitspielen, doch auch als der kleine Argentinier auf dem Rasen wirbelte, lief das Spiel weiter in die entgegengesetzte Richtung.

Nach dem Abpfiff musste Barcelonas Trainer Ernesto Valverde erst einmal tief durchatmen, später auf der Pressekonferenz wusste er die Geschehnisse ziemlich treffend einzuordnen: "Es war ein sehr kompliziertes Spiel in einer großartigen Atmosphäre", sagte der 55-jähige Spanier: "Wir mussten viel leiden, sie waren sehr schnell und haben uns wehgetan. Danke an Marc-André ter Stegen für seine starken Paraden."

Quelle: n-tv.de


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