"Kapitulation", "Betrug", Vertrag": Premierminister Boris Johnson steht unter Druck und rüstet immer weiter auf - zumindest verbal. Bei der Fragestunde im Unterhaus an diesem Mittwoch stieß das auf massive Empörung der Opposition, und inzwischen haben sich noch weitere Kritiker zu Wort gemeldet: Dutzende Bischöfe und seine eigene Schwester Rachel Johnson.
Die bekannte Journalistin und Autorin sagte dem Sender Sky News, ihr Bruder benutze Worte wie Kapitulation, als ob die Gegner eines EU-Austritts "gehängt, langgezogen, gevierteilt, geteert und gefedert" werden sollten. Sie halte das für überaus verwerflich. Sie erkenne die Version ihres Bruders nicht wieder, sagte Rachel Johnsons, die bei den Wahlen zum EU-Parlament für die Anti-Brexit-Partei "Change UK" angetreten war.
Besonders stieß sie sich daran, dass ihr Bruder Jo Cox erwähnte, eine EU-freundliche Unterhausabgeordnete, die wenige Tage vor dem Austritts-Referendum 2016 von einem Neonazi ermordet worden war. Deren Andenken könne man am besten ehren, indem man den Brexit durchziehe, hatte Boris Johnson im Unterhaus gesagt. "Es ist sehr geschmacklos, sich auf eine Abgeordnete zu beziehen, die von jemandem ermordet wurde, der 'Britain first' rief", kritisierte nun Johnsons Schwester. Der Täter sei offensichtlich aus dem rechtsextremen Lager gekommen, das sich "durch diese Art von Sprache" bestärkt fühle. Für alle, die um sie trauerten, sei es sehr geschmacklos.
Auch der Witwer von Cox kritisierte den Premierminister scharf. "Es macht mich krank, wenn Jos Name so benutzt wird", twitterte er. Der beste Weg, sie zu ehren, sei, wenn man leidenschaftlich und entschlossen für das eintrete, woran man glaube - egal, welcher Ansicht man sei. Aber niemals dürfe man "die andere Seite dämonisieren". Er beklagte zudem, dass eine Atmosphäre entstanden sei, in der Angriffe wahrscheinlicher geworden seien.
Bischöfe: "Dieses Landes nicht würdig"
Erst vor wenigen Wochen hatte Boris Johnson jüngerer Bruder Jo sein Amt als Staatssekretär und sein Mandat als Tory-Abgeordneter niedergelegt. "Ich war in den vergangenen Monaten zerrissen zwischen Loyalität zur Familie und dem nationalen Interesse - es ist eine unauflösbare Spannung", begründete Jo Johnson den Schritt.
Johnsons Sprache stieß auch in der Kirche auf scharfe Kritik. Wie die "Times" berichtet, kritisieren alle 118 Bischöfe und Erzbischöfe der Church of England die Sprache, die "dieses Landes nicht würdig" sei. In einem gemeinsamen Statement erklärten sie: "In den vergangenen Tagen, ist die Sprache, sowohl in Debatten als auch auch außerhalb des Parlaments, nicht akzeptabel gewesen. Wir sollten mit Respekt miteinander sprechen."
Quelle: n-tv.de
Tags: