Demonstranten stürmen Parlament, Regierung richtet Sperrzonen ein

  09 Oktober 2019    Gelesen: 794
Demonstranten stürmen Parlament, Regierung richtet Sperrzonen ein

In Ecuador eskalieren die Proteste gegen hohe Treibstoffpreise weiter. Nun dürfen sich Einwohner einigen Gebäuden in der Hauptstadt nachts nicht mehr nähern. Und die nächste große Kundgebung steht bald an.

Seit Tagen kommt es in Ecuador zu Protesten gegen gestiegene Treibstoffpreise. Mittlerweile gilt der Ausnahmezustand. Und immer noch spitzen sich die sozialen Unruhen weiter zu: Demonstranten ist es am Dienstag gelungen, das Parlament in der Hauptstadt Quito zu stürmen.

Sie drangen bis in den Plenarsaal vor, wurden dann aber von Polizisten und Soldaten zurückgedrängt, wie Fernsehbilder zeigten. Abgeordnete befanden sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Parlament. Der Kongress hatte wegen der Unruhe im Land seine Tagungen ausgesetzt.

Vor dem Parlamentsgebäude lieferten sich Hunderte Protestierende und Sicherheitskräfte heftige Auseinandersetzungen. Maskierte und mit Stöcken bewaffnete Demonstranten warfen Steine auf die Einsatzkräfte, die Polizei setzte Tränengas ein.

Demonstranten hatten bereits am Montag versucht, die Nationalversammlung zu stürmen. Zudem besetzten sie Erdölförderanlagen. Am Dienstag drohten sie dann auch mit einer Erstürmung des Regierungspalastes in der Hauptstadt.

Einwohner dürfen sich einigen Gebäuden nachts nicht nähern

Nach den jüngsten Vorfällen verhängte Ecuadors Präsident Lenín Moreno eine nächtliche Ausgangssperre in der Nähe von wichtigen öffentlichen Gebäuden. Bis zum 1. November ist es jeweils von 20 bis 5 Uhr verboten, sich strategisch wichtigen Gebäuden zu nähern. Schon am Montag hatte Moreno den Sitz der Regierung von Quito in die Stadt Guayaquil verlegt, um den Protesten auszuweichen. Der Ausnahmezustand gilt schon seit vergangener Woche, für 60 Tage.

Die Demonstranten geben Moreno die Schuld für den Anstieg der Treibstoffpreise, da er im März ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abgeschlossen hatte. Ecuador sicherte sich damit IWF-Kredite in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar (gut 3,8 Milliarden Euro). Im Gegenzug wurde Morenos Regierung zur Auflage gemacht, die staatlichen Subventionen für Kraftstoff zu senken. Seitdem sind die Treibstoffpreise um bis zu 123 Prozent gestiegen.

Zuletzt zogen Tausende Bauern und Ureinwohner nach Quito, um sich an den Protesten zu beteiligen. Für Mittwoch ist eine Großkundgebung geplant. Bei den Protesten gab es nach offiziellen Angaben bislang einen Toten, mehr als 70 Verletzte und rund 570 Festnahmen.

Vorwürfe gegen Venezuelas Präsident Maduro

Moreno zeigte sich zuletzt gesprächsbereit. Er kündigte einen "Dialog" mit den Ureinwohnern und Finanzmittel für Gemeinden an, die von den höheren Treibstoffpreisen besonders betroffen sind. Innenministerin María Paula Romo sagte, die Vereinten Nationen und die katholische Kirche hätten sich als Vermittler angeboten.

Die Regierungen von Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Peru, Paraguay, El Salvador und Guatemala unterstützten am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung Moreno als legitimen Vertreter der verfassungsmäßigen Ordnung. Sie bezichtigten Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro, die Destabilisierung der Demokratien in der Region zu unterstützen. Auch Moreno hatte am Montag seinen Vorgänger Rafael Correa und Maduro beschuldigt, einen Staatsstreich gegen seine Regierung voranzutreiben.

Correa, der seit der Amtsübergabe in Belgien lebt, wies über Twitter die Beschuldigung zurück. Hinter der Protestwelle stehe "kein externer Faktor", nur die "schlechte Wirtschaftsführung" der Regierung, die das Wahlprogramm verraten habe, mit dem Moreno an die Macht gekommen sei. Der ecuadorianische Ex-Präsident (2007-2017) forderte Neuwahlen.

spiegel


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