Am Morgen nach den Schüssen von Halle sichern Ermittler weiter alle verfügbaren Spuren. Ausgewertet werden dabei unter anderem auch Angaben von Zeugen sowie Fotos und Videos, die den mutmaßlichen Täter in den Straßen von Halle an der Saale zeigen. Außerdem hinterließ der Angreifer an einem der beiden Tatorte, dem Schnellimbiss, auch eine seiner Schusswaffen.
Dabei handelt es sich offenbar um eine Selbstbau-Maschinenpistole des Typs Luty, wie Recherchen des RTL-Verifizierungsnetzwerks ergaben. Die halb automatische Waffe, die je nach Bauart handelsübliche Pistolenmunition im Kaliber 9 Millimeter verschießt, ist auf Aufnahmen aus dem Inneren des Döner-Ladens gut zu erkennen.
Anleitungen zum Bau einer solchen improvisierten, aber durchaus gefährlichen Maschinenpistole kursieren im Netz. "Diese Waffe lässt sich mit einem vergleichsweise überschaubaren Aufwand und genügend handwerklichem Geschick zu Hause selbst bauen", fassen die RTL-Journalisten ihre ersten Erkenntnisse zusammen. "Natürlich funktioniert sie nicht zuverlässig, aber sie funktioniert."
Der Attentäter von Halle nahm offenbar verschiedene Anbauten vor, die möglicherweise Hinweise auf seine Tatabsichten liefern. So ist über der Mündung zum Beispiel eine Taschenlampe montiert, wie sie etwa Spezialkräfte für Einsätze in Innenräumen verwenden. Auffällig sind auch das aufgesetzte Visier über dem Rohr und der schwere Gewehrkolben. Beides deutet daraufhin, dass der Angreifer gezielte Schüsse abgeben wollte.
Berichten von Augenzeugen zufolge entging die jüdische Gemeinde nur durch Glück einem größeren Attentat. Der Täter setzte eine vermutlich im Selbstbau hergestellte Langwaffe, eine Pistole sowie Brand- und Sprengsätze ein. Bei seinem Angriff auf die Synagoge scheiterte er mutmaßlich vor allem an der verschlossenen Tür. Zudem soll es bei seinen Tatwaffen auch zu Ladehemmungen gekommen sein. Ein Mann, auf den der Täter in der Humboldtstraße bereits angelegt hatte, konnte so offenbar in letzter Sekunde entkommen.
Auf Videoaufnahmen aus der Straße vor dem Schnellimbiss - wo der Täter das Feuer auf eine Polizeistreife eröffnete - ist zudem zu sehen, wie der Schütze wiederholt mit dem Verschluss seiner Waffe hantieren muss. Unklar ist, ob sich Patronenhülsen verklemmten oder die Munition einzeln nachgeladen werden musste.
Hinweise zu den Tatvorbereitungen können Experten auch einem weiteren Detail entnehmen. Nach jedem Schuss des Täters steigt eine deutlich erkennbare weißgraue Qualmwolke auf. Handelsübliche Munition dagegen lässt sich ohne größere Rauchentwicklung verfeuern. Laut den Recherchen des RTL-Verifizierungsnetzwerks deutet dies darauf hin, dass der Täter auch die Munition im Eigenbau beschaffte.
"Möglicherweise handelt es sich um Schwarzpulver", fassen die Kollegen ihre Eindrücke zusammen. Die auffällige Rauchentwicklung zeigt sich demnach sowohl bei der Maschinenpistole als auch bei der selbst gebauten Schrotflinte, mit der der Täter unter anderem auf der Straße auf Polizisten schießt. Die dafür erforderlichen Zutaten und Bauteile sind auch in Deutschland ab 18 Jahren frei erhältlich.
Die Analyse durch Waffenexperten und Kriminaltechniker der Polizei dürften in den kommenden Tagen weitere Erkenntnisse liefern. Bei der Spurensicherung konnten die Behörden neben den Tatwaffen auch zahlreiche Patronenhülsen und die Überreste der eingesetzten Brand- und Sprengmittel sicherstellen.
Mit Unterstützung des Bundeskriminalamts schaltete die Behörden zudem ein Hinweisportal frei. Dort könnten Fotos oder Videos vom Tatgeschehen hochgeladen werden, wie die Polizei in Halle mitteilte. Auch andere Hinweise zu den Vorfällen in Halle und Landsberg könnten dort gemeldet werden. Zugleich appellieren die Ermittler an die Öffentlichkeit, keine Fotos oder Videoausschnitte aus Täterhand in den sozialen Netzwerken zu verbreiten.
Quelle: n-tv.de
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