Hauptproblem an Zika: Das Virus kann Ungeborene im Mutterleib schädigen und Fehlbildungen auslösen, wie sich in Brasilien gezeigt hat.
Dass auch eine Ansteckung direkt von Mensch zu Mensch, etwa durch ungeschützten Sex möglich ist, belegt ein aktueller Fall aus den USA. In Texas meldeten Gesundheitsbehörden am 3. Februar einen Zika-Patienten, der sich bei jemandem angesteckt hatte, der zuvor aus Venezuela zurückgekehrt war. Die US-Seuchenschutzbehörde CDC geht zudem zwei weiteren Zika-Fällen nach, die mit Sexualkontakten zu tun haben könnten.
Forscher überrascht dieser Übertragungsweg nicht. Studien hatten schon gezeigt, dass eine Ansteckung beim Sex möglich ist (Musso et al., 2015), genau wie über infizierte Blutkonserven. Hauptüberträger des Virus bleiben dennoch Mücken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte Zika Anfang Februar zum weltweiten Gesundheitsnotfall erklärt. Ein Grund ist die Schnelligkeit, mit der das Virus in den vergangenen Monaten Menschen infiziert hat sowie das Risiko für Schwangere.
Der Infektionsmediziner Marcos Espinal vom US-Büro der WHO rechnet damit, dass sich bald drei bis vier Millionen Menschen angesteckt haben werden. Wann dies so weit sei, sagte er nicht. Die Zahlen verdeutlichen aber: Das Virus breitet sich "explosionsartig" aus. Deshalb rief die WHO die höchste Alarmstufe aus.
Ein Notfall für die Weltgesundheit – was ist das?
Die WHO nennt es "Public Health Emergency of International Concern" (PHEIC), den weltweiten medizinischen Notfall. Gemeint ist eine "Situation, die ernst, ungewöhnlich oder unerwartet ist; die bedeutend ist für die Volksgesundheit jenseits der Grenzen des betroffenen Staats; und die sofortiges internationales Handeln erfordern kann". So steht es in den Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO.
WHO befürchtet Millionen Erkrankungen
Viele südamerikanische Regierungen gehen gegen die Stechmücken vor, die das gefährliche Zika-Virus übertragen. Dennoch rechnet die Weltgesundheitsorganisation WHO mit vier Millionen Krankheitsfällen in diesem Jahr.
Insgesamt drei Mal hat die WHO den Notfall bislang ausgerufen. Zuletzt im August 2014, als die Menschen in Westafrika bereits mehr als vier Monate dem schlimmsten Ebola-Ausbruch der Geschichte ausgesetzt gewesen waren. Davor im Mai 2014, als die Zahl der Fälle von Kinderlähmung mit dem Wildtyp des Polio-Erregers im Nahen Osten, Zentralafrika und -asien stark anstiegen. Mittlerweile treten deutlich weniger Polio-Erkrankungen auf. Im April 2009 erklärte die WHO erstmals den internationalen Notfall, als die Schweinegrippe zur weltweiten Seuche wurde. Die Pandemie verlief glimpflich, meist erkrankten Menschen, ohne bleibende Schäden zu behalten.
Was macht Zika zu einem potenziellen Notfall?
Die Verantwortlichen der WHO sagen es deutlich: Es gibt keinen Grund zur Panik. Die meisten Menschen, die sich mit Zika anstecken, bemerken es gar nicht. Bei einigen kommt es zu leichtem Fieber, Hautausschlag und geröteten Augen. Im Schnitt entwickelt etwa jeder vierte bis fünfte Infizierte typische Zika-Virus-Symptome. Auch ist das Virus nur in seltenen Fällen von Mensch zu Mensch übertragbar. "Das ist nicht Ebola", sagte der WHO-Infektiologe Marcos Espinal. Die Krankheit werde bekanntermaßen durch Mücken verbreitet.
Quelle: Centers for Disease Control and Prevention© OpenStreetMap © ZEIT ONLINE
Welches Risiko besteht für Schwangere?
Während die meisten Menschen eine Zika-Erkrankung gut und rasch überstehen, besteht offenbar eine besondere Gefahr für schwangere Frauen. Stecken sie sich mit dem Virus an, kann der Erreger womöglich über das Blut auf das Kind übertragen werden – selbst wenn die Frau keine Symptome hat.
Noch steht der Beweis aus, doch es gilt als sehr wahrscheinlich, dass diese Weitergabe in seltenen Fällen zu Fehlbildungen unter Neugeborenen führen kann. Kinder mit einer Mikrozephalie haben einen zu kleinen Kopf, häufig sind ihre Hirne geschädigt.
Das Zika-Virus entdeckten Forscher erstmals 1947 im gleichnamigen Wald in Uganda. Sie hatten es aus Affen isoliert. Fünf Jahre später ließ es sich auch im Menschen nachweisen. Stechmücken der Gattung Aedes übertragen den Erreger. Bei bisher bekannten Ausbrüchen handelte es sich vor allem um die Gelbfiebermücke Aedes aegypti, die in weiten Teilen der Tropen und teilweise auch in den Subtropen verbreitet ist. Auch die bis in gemäßigte Breiten vorkommenden Asiatischen Tigermücken Aedes albopictus gelten als übertragungskompetent. Menschen stecken sich gegenseitig nur in seltenen Fällen an, es gibt einzelne Berichte.
Es gibt zwei Linien des Virus: eine afrikanische und eine asiatische (Haddow et al., 2012 & Faye et al., 2014). Für die bisherigen Ausbrüche in Afrika, Amerika, Asien und der Pazifikregion war immer die asiatische Linie verantwortlich (Enfissi et al., 2016). Sie alle waren überschaubar.
Aufmerksam auf den Erreger aus der Familie der Flaviviren wurden Virologen im Jahr 2007. Damals erkrankten wohl mehr als 100 Menschen auf der Pazifikinsel Yap in Mikronesien. 2013 dann der nächste größere Ausbruch: In Französisch-Guayana bekam rund ein Zehntel der Bevölkerung Zika. Zwei Jahre später trat das Virus erstmals in Brasilien auf und infizierte Millionen.
Derzeit spricht das brasilianische Gesundheitsministerium von rund 4.000 Verdachtsfällen auf eine Mikrozephalie seit Oktober 2015. Der Großteil davon ist noch nicht bestätigt. Auf der WHO-Sitzung rief Generaldirektorin Chan Schwangere in den betroffenen Regionen dazu auf, sich testen zu lassen, sollten sie befürchten, sich mit Zika angesteckt zu haben.
Wer Wochen nach einer ausgeheilten Zika-Virus-Infektion schwanger wird, gefährdet sein Kind hingegen nicht mehr. Nach heutigen Kenntnissen verschwindet der Erreger wieder vollständig aus dem Körper.
Wo gibt es bereits bestätigte Zika-Fälle?
Mittlerweile gibt es in rund 30 Ländern bestätigte Fälle, wie etwa die Europäische Seuchenbehörde berichtet. Die Berichte stammen aus Lateinamerika und der Karibik. Die mit Abstand meisten Fälle gibt es in Brasilien. Zudem gibt es Infizierte etwa in Barbados, Bolivien, Ecuador, El Salvador, Fiji, Französisch Guyana, Guadalupe, Guatemala, Guyana, Haiti, Honduras, auf den Kapverden, Kolumbien, auf den Malediven, in Martinique, Mexiko, Neukaledonien, Panama, Paraguay, Puerto Rico, Saint Martin, Samoa, auf den Solomon-Inseln, in Surinam, Thailand und Venezuela.
In den USA gab es am 28. Januar laut Lyle Peterson von der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC 31 bestätigte Fälle. Bei allen handelte es sich um Menschen, die sich auf einer Reise in der betroffenen Region angesteckt hatten. Die Zahlen würden steigen, da sich nun mehr Leute testen ließen, sagte Peterson.
Auch die deutschen Seuchenwächter vom Robert-Koch-Institut (RKI) gehen davon aus, dass einzelne Reiserückkehrer das Virus bereits in sich tragen. Infizierte gab es auch schon lange bevor sich Zika nun so rasant in Lateinamerika ausbreitete. Konkret hat man zwischen 2013 und 2015 zehn Fälle gezählt. Wer übrigens einmal erkrankt ist, ist künftig immun gegen den Erreger.
Es ist damit zu rechnen, dass künftig weitere Fälle registriert werden. Neben der Übertragung durch Mückenstiche und von Schwangeren auf ihre Ungeborenen, kann das Zika-Virus wohl auch über ungeschützten Sex von Mensch zu Mensch zu wandern. Letzteres sei aber vermutlich eher selten, schätzt das RKI.
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