„Mit Islamophobie-Keule gegen Kritiker“: EU finanziert umstrittene Studie

  31 Oktober 2019    Gelesen: 806
  „Mit Islamophobie-Keule gegen Kritiker“: EU finanziert umstrittene Studie

Hat Europa ein Problem mit Islamophobie? Das zeigt der von der EU finanzierte „Europäische Islamophobie Report“. Doch die Autoren sind umstritten. Islamkritiker, wie die Imamin Seyran Ates, werden als „islamophob“ denunziert. Islamwissenschaftler Dr. Ghadban stellt dem Bericht ein vernichtendes Urteil aus. Er warnt vor der „Islamophobie-Keule“.

Das von der Europäischen Union (EU) finanzierte Projekt „Europäischer Islamophobie-Report 2018“ (EIR) sorgt für heftige Kritik. Mit 126.951 Euro hat das EU-Programm „Zivilgesellschaftlicher Dialog zwischen der EU und der Türkei“ den Bericht finanziert.

Herausgeber sind die österreichischen Politikwissenschaftler Farid Hafez, Enes Bayrakli und die „Stiftung für politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Forschung“ (SETA). Die Herausgeber sind umstritten. Der Gründer und ehemalige Leiter der Stiftung Ibrahim Kalin ist heute Berater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Nähe zur türkischen Regierung bescheinigt zudem die Studie der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP). Nach SWP-Informationen war der ehemalige Ministerpräsident und AKP-Chef Ahmet Davutoglu im Vorsitz der SETA-Stiftung tätig. Der Ko-Autor des Berichts Farid Hafez schreibt unter anderem für die Tageszeitung „Daily Sabah“.  Auch diese gilt als engverbunden mit AK-Partei von Präsident Erdogan.

EIR bescheinigt Anstieg von Islamophobie

Als Ziel seiner Arbeit nennt der Report, „Trends in der Verbreitung von Islamophobie in verschiedenen europäischen Ländern zu dokumentieren und zu analysieren“. So soll, wie der EIR aufzeige, die Anzahl an Angriffen auf Muslime von Seiten „terroristischer Netzwerke“ steigen – „viele von Ihnen kommen aus Polizei und Heer“, schreibt Hafez auf Twitter.

Der EIR verweist unter anderem auf die Zahlen der österreichischen „Dokumentationsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus“,  die in ihrem Antimuslimischen Rassismus Report für das Jahr 2018 einen Anstieg von circa 74 Prozent und damit insgesamt 540 Fälle von Islamfeindlichkeit im Vergleich zu 309 Fällen im Jahr 2017 verzeichnen soll. 

„Nachdem im Dezember 2017 eine Koalition von ÖVP und FPÖ gebildet wurde, wurden im Kalenderjahr 2018 mehrere islamophobe Gesetze eingeführt und islamophobe Politiken umgesetzt. Das Kopftuchverbot in Kindergärten, die Schließung von Moscheen und der Arabischen Kultusgemeinde der IGGÖ als Maßnahme gegen den sogenannten ‚politischen Islam‘, das Symbolgesetz und die Forderung nach Fastenverboten sind konkrete Politiken und politische Forderungen, die vorgeben, den sogenannten ‚politischen Islam‘ zu bekämpfen, sich tatsächlich jedoch aber gegen MuslimInnen im Allgemeinen und insbesondere gegen die organisierte muslimische Zivilgesellschaft richten“, heißt es in dem Bericht.

Zugleich werden die Imamin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, aber auch die Feministinnen und Aktivistinnen Zana Ramadani and Saida Keller-Messahli im Bericht als „islamophob“ gebrandmarkt.

Islamophobie als Kampfbegriff gegen Kritiker?

Islamophobie definiert der EIR als „antimuslimischen Rassismus“, wie es auf der Internet-Seite des Reports nachzulesen ist. So sei Islamophobie ein bekannter Begriff, der sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit verwendet werde. Kritik an Muslimen oder der islamischen Religion sei nicht unbedingt islamfeindlich. „Islamophobie beruht auf der Konstruktion einer statischen ‚muslimischen‘ Identität, die negativ bewertet und für alle Muslime verallgemeinert wird“, schreiben die Autoren.

Doch der Islamkritiker Dr. Ralph Ghadban sieht genau hier das Problem. Die Begriffe Islamophobie und Islamfeindlichkeit könne man seiner Ansicht nach nicht gleichstellen. „Islamophobie ist ein Begriff aus der Psychologie und beschreibt eine Krankheit. Islamfeindlichkeit ist etwas Konkretes und zeigt, dass Menschen aus irgendeinem Grund eine negative Position dem Islam gegenüber beziehen“, erklärt Ghadban im Sputnik-Interview. Der Begriff Islamophobie werde vom „politischen Islam“ verwendet und sei von demselben erfunden worden, um die Islamkritik mundtot zu machen, glaubt der Forscher. „Hinter diesem Begriff, der ganz unscharf ist, kann man alles packen. Das heißt, jeder, der irgendwelche Kritik gegen einen Muslim äußert, wird als islamophob betrachtet. Das ist wahnsinnig.“ Es sei ein Skandal, „diese Art von Forschung“ von der EU zu finanzieren zu lassen, empört sich der Wissenschaftler.

Mit dieser Meinung steht Dr. Ghadban nicht alleine dar: Manfred Weber (CSU), Fraktionsvorsitzender der konservativen EVP im Europäischen Parlament, sagte der „Welt“: „Muslimische Islamkritiker dürfen nicht einfach unter Islamophobie-Verdacht gestellt werden. In Europa müssen Wissenschaftler ohne Diffamierung forschen dürfen“. Auch die Vizepräsidentin des Europaparlaments Nicola Beer (FDP) fragt erbost: „Wie können europäische Gelder an voreingenommene Auftragnehmer vergeben werden, die der Autokratie-befürwortenden AKP nahestehen? Die offenbar dem politischen Islam den Weg bereiten wollen? Wie kann solch ein propagandistischer Inhalt freigegeben werden?“, sagte Beer der Zeitung.

„Muslimfeindlichkeit ist Rassismus“

Konkret bemängelt der Islamwissenschaftler Ghadban, dass das Kopftuchverbot an österreichischen Grundschulen und Kindergärten in dem Report als „islamophob“ verschrien werde. „Das Kopftuch oder der Hijab dient der Einschränkung der Freiheit und Freizügigkeit für die betroffenen Mädchen. Der Islam schreibt nicht vor, dass Mädchen in diesem Kinderalter ein Kopftuch tragen müssen. Das hat keine islamische Grundlage. Aber es wird von innen heraus als islamophob klassifiziert. Das heißt, es gibt keine rationale Grundlage für die Kommunikation unter den Menschen. Die Begriffe und Taten haben keine Kriterien mehr. Sie machen das, um jede mögliche Kritik zu erwürgen“, empört sich der Wissenschaftler.

Ghadban, der sich selbst als Islamkritiker versteht, warnt immer wieder vor einigen Aspekte in der Religion. Dabei findet er Kritik an allen Religionen essentiell und legitim. Diese sei auch nicht verboten. Man sei nicht gezwungen, eine Religion zu mögen, erklärt der 70-jährige. „Man kann eine Religion ablehnen, hassen. Es ist keine strafbare Angelegenheit.“ Doch diese sei unbedingt von der „Muslimfeindlichkeit“ zu unterscheiden: „Wenn ich sage, muslimische Mädchen dürfen an der Grundschule keinen Kopftuch tragen, so ist das kein Rassismus. Wenn ich aber sage, muslimische Mädchen dürfen nicht auf die Schule, so ist das Rassismus.“ Islamfeindlichkeit könne legitim werden, solange sie nicht zu Muslimfeindlichkeit werde. Als Beispiel nennt Ghadban das Kastensystem der Hindus, welches er ablehne und bekämpfe. „Genau wie im Islam die minderwertige Position der Frau, die ich bekämpfe. Dass man dann zu mir sagt, ich sei islamfeindlich, ist mir egal. Ich stehe auf dem Boden des Grundgesetzes und das ist die Referenz“.

Seine Kritik richte sich vor allem gegen die Punkte, die einen Verstoß gegen Menschenrechte darstelle, unterstreicht der Forscher: So sei nach dem Grundgesetz -und in den meisten europäischen Ländern - die Polygamie, häusliche Gewalt sowie die Verfolgung der Apostaten strafbar. „Der politische Islam erkennt die Menschenrechte nicht an. Dieser hat eine Agenda und er will unsere Gesellschaft  langfristig islamisieren. Das ist immer sein ewiges Ziel: Einen islamischen Staat zu errichten. Jetzt versuchen sie uns mit der Keule der Islamophobie mundtot zu machen, aber sie haben sich geirrt…“, mahnt der Islamkritiker.

sputniknews


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