Die Anklage hatte dem Jugendlichen sexuellen Missbrauch mehrerer Kinder vorgeworfen. In ihrem Urteil vom Donnerstag schlossen sich die Richter den Ausführungen eines Gutachters an, teilte ein Sprecher des Gerichts mit. Der Experte hatte dem Angeklagten die strafrechtliche Verantwortungsreife abgesprochen.
Laut Jugendgerichtsgesetz (JGG) kann ein Jugendlicher nur verurteilt werden, wenn seine geistige Entwicklung dies zulässt. Voraussetzung ist, dass er das Unrecht seiner Taten einsieht und danach handelt.
Alle Verhandlungstage fanden zum Schutz des aus Ostwestfalen stammenden Jugendlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das galt auch für die Urteilsverkündung.
Therapie
Die Staatsanwaltschaft hatte sich nach Angaben des Verteidigers des 17-Jährigen für eine Freiheitsstrafe auf Bewährung unter der Auflage ausgesprochen, dass der Jugendliche seine Therapie fortsetzt. Dem folgten die Richter nicht.
Der Anwalt des Jugendlichen plädierte auf Freispruch. Der Verteidiger hatte sich bereits zum Prozessauftakt dafür ausgesprochen, dass sein Mandant eine begonnene Therapie nach einem Urteil fortsetzen kann. Die Therapie wird Rechtsanwalt Thorsten Fust zufolge noch zwei bis drei Jahren dauern.
Causa Lügde
Im Missbrauchsfall Lügde hatten zwei Männer, Andreas V. und Mario S., auf einem Campingplatz an der Grenze zu Niedersachsen über Jahre zahlreiche Kinder zum Teil schwer sexuell missbraucht. Das Landgericht Detmold hatte die beiden im September zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
V. wurden rund 290 Missbrauchstaten zur Last gelegt. S. hatte sich laut Anklage in rund 160 Fällen an Mädchen und Jungen vergangen – seit 1999 war er dazu immer wieder zu Gast auf dem Campingplatz, aber auch seine Wohnung in Steinheim bei Höxter soll Tatort gewesen sein. Beide Männer filmten ihre Taten, bei beiden stellte die Polizei insgesamt Tausende Bild- und Videodateien sicher, die sexuelle Gewalt gegen Kinder- und Jugendliche zeigen.
Angeklagter Jugendliche war unter den Opfern
Der 17-Jährige, der jetzt freigesprochen wurde, war unter den Opfern. Laut Staatsanwaltschaft wurde der Jugendliche später selbst zum Täter. Sein Verteidiger hatte vor dem Landgericht Paderborn die in der Anklage beschriebenen Taten eingeräumt. Die Kammer verwies auf die Umstände und das Ausmaß des vorhergehenden sexuellen Missbrauchs des Angeklagten durch einen der Lügde-Täter. Das Gericht betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die nicht auf andere Fälle übertragbar sei.
mo/tm/dpa
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