Wie die „South China Morning Post“ unter Berufung auf Mitarbeiter des chinesischen Raumfahrtprogramms berichtet, will die Regierung in Peking einen Satelliten mit verschiedenen Lebensformen an Bord ins All schießen. Rund 240 Kilogramm verschiedene Saaten, Keimlinge und Bakterien sollen etwa zwei Wochen der kosmischen Strahlung und Schwerelosigkeit ausgesetzt sein. Die Forschenden erwarten, dass sich unter der Strahlung ungewöhnliche Mutationen ergeben.
Höhere Erträge und bessere Pflanzeneigenschaften erwartet
Nach der Bestrahlung im All soll das Wachstum der Saaten und Setzlinge auf der Erde getestet werden. Die Forschenden hoffen, dass die Mutationen zu höheren Ernteerträgen oder neuen Pflanzeneigenschaften, etwa Dürreresistenz oder ungewöhnlichen Farben, führen. Die aussichtsreichsten Saaten sollen dann auch kommerziell angebaut werden. Nach chinesischen Angaben handelt es sich bei dem Satellitenprogramm um das weltweit größte Experiment zur Pflanzenzüchtung mit kosmischer Strahlung. Der Satellit soll mehrfach verwendbar sein.
„Bessere Ernährungssicherung und mehr Biodiversität“
Ziel des Projekts ist eine verbesserte Versorgung mit Nahrungsmitteln. In der Volksrepublik leben 20 Prozent der weltweiten Bevölkerung, das Land verfügt aber nur über neun Prozent der weltweiten Ackerflächen. China setzt bei der Ernährungssicherung schon länger auf Forschungsergebnisse aus der Raumfahrt. Nach offiziellen Angaben konnten die jährlichen Getreideernten durch die chinesische Raumforschung durchschnittlich um 1,3 Millionen Tonnen gesteigert werden. 2,4 Milliarden Hektar Fläche würden in China aktuell mit Züchtungen beflanzt, die aus dem Raumfahrtprogramm stammen.
Ein Mitarbeiter des chinesischen Forschungsprogramms sagte, Mutationen seien der Motor der Evolution. Mit der Bestrahlung im All helfe man der Natur lediglich ein wenig nach. Mehr Mutationen bedeuteten auch eine vergrößerte Biodiversität, deren bisheriger Schwund aktuell die Landwirtschaft bedrohe.
Internationale Pflanzenzuchtprogramme mit Strahlenmutationen
Bei der Erforschung von Nukleartechnik in Ernährung und Landwirtschaft arbeitet China eng mit der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEA und der Welternährungsorganisation FAO zusammen – auch mit dem Ziel, die Technologie in anderen Ländern zu verbreiten.
Auch IAEA und FAO betreiben gemeinsam ein Pflanzenzuchtprogramm mit strahlenbedingten Mutationen. Seit den 1960er Jahren sind nach Schätzungen der IAEA mehrere tausend durch Strahlenmutation erzeugte Sorten auf den Markt gekommen. Dazu zählt unter anderem ein Großteil der Hartweizensorten, die weltweit für die Herstellung von Pasta verwendet werden.
Im Gegensatz zur Gentechnik zählt die Mutationstechnik zur klassischen Züchtung, für die in den meisten Ländern weltweit weniger strenge Voraussetzungen für die Marktzulassung gilt. Der Europäische Gerichtshof bestätigte das 2018 für die EU. Nach Ansicht der Richter gelten Pflanzen aus Mutationszüchtung als sicher, da die Verfahren seit langem angewandt würden.
Deutschlandfunk
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