Einzelhandel läuft Sturm gegen Bonpflicht – Wie sinnvoll ist das Vorhaben wirklich?

  21 Dezember 2019    Gelesen: 882
Einzelhandel läuft Sturm gegen Bonpflicht – Wie sinnvoll ist das Vorhaben wirklich?

Ab Januar 2020 werden Kassenzettel im Einzelhandel Pflicht. Was im Supermarkt oder Restaurant bereits Normalität ist, gilt nun auch beim Bäcker oder am Kiosk. Die Maßnahme soll eigentlich einem Mehrwertsteuerbetrug den Riegel vorschieben, doch Kritiker sehen einen tonnenschweren Papierkrieg und ein kostspieliges Bürokratiemonster.

In Italien gibt es sie, auch in Portugal, Griechenland, Kroatien und in Schweden: Die Bonpflicht ist im europäischen Vergleich nichts Außergewöhnliches. In Italien gibt es sogar eine Kassenzettel-Mitnahmepflicht für Kunden. Doch muss das Ganze nun auch in Deutschland sein? Was die Bundesregierung nun für Anfang 2020 bundesweit einführen will, stößt im Einzelhandel auf großen Widerstand.

Für jedes Brötchen einen Kassenzettel
Vor allem Bäckereien laufen gegen die Neuregelung sturm. Denn künftig muss der Bon auch bei wenigen Cent Warenwert, wie bei dem Kauf eines Brötchens, ausgedruckt werden. Damit nicht genug: Es ist sogar ein komplett neues Kassensystem nötig.

Die Bonpflicht wurde im Rahmen der so genannten „Kassensicherungsordnung“ eingeführt. Diese sieht vor, dass alle Kassen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung versehen werden, um die gespeicherten Vorgänge fälschungssicher zu machen. Jährlich entgehen dem Staat nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs zehn Milliarden Euro Mehrwertsteuer durch Barzahlung. Das sind 22 Prozent des Bundeshaushalts 2020.

Aus Sicht des Verbraucherschutzes macht die gesetzliche Pflicht zur Ausgabe eines Kassenbons teilweise Sinn: Denn diese Pflicht beinhaltet auch immer das Recht des Kunden auf Erhalt eines Kassenzettels, der in vielen Fällen wichtig für die Durchsetzung von Verbraucherschutzrechten ist. Zum Beispiel, wenn Kunden eine defekte Ware reklamieren wollen, also ihre Gewährleistungsrechte durch Reparatur, Umtausch oder Rücktritt vom Kaufvertrag geltend machen wollen. Dann dient der Kassenbon als Nachweis, wo und zu welchem Preis die Ware erworben wurde. Bei dem Kauf eines Brötchens beim Bäcker sind solche Vorgänge aber eher ungewöhnlich.

Muss der Kunde mehr zahlen?
Nach der Dokumentation über Mindestlohn, Aufbewahrungspflichten für Rabattkarten, Aufzeichnungen über Reinigungsarbeiten und hochgerüstete Kassensysteme wird mit der Bonpflicht das Bürokratiemonster in Bäckereien immer größer und kostspieliger. Das wiederum schlägt sich auch in den Preisen für den Kunden nieder. In Zeiten von größerer Aufmerksamkeit für Umweltschutz ist der zwingend erforderliche Ausdruck jedes einzelnen Kassenzettels darüber hinaus eine Katastrophe. 

Die Bonpflicht wird dazu führen, dass jährlich Milliarden zusätzliche Kassenzettel auf gesundheitsbedenklichem Thermopapier erstellt werden. Laut Experten würden durch die neue Regelung jährlich rund zwei Millionen Kilometer Thermopapier mehr ausgedruckt, dafür müsste pro Stunde eine Fichte gefällt werden. Das Thermopapier muss außerdem im Restmüll entsorgt werden. Zwar besteht keine Pflicht, diese Art von Papier zu verwenden, in den meisten Kassensystemen ist es aber Standard.

Die Kritik perlt ab…
Trotz der Kritik von Umweltverbänden oder dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks müssen sich Händler und Konsumenten zu Jahresbeginn auf die Bonpflicht einstellen. Es bleibe dabei, dass zum 1. Januar diese Belegpflicht in Kraft treten werde, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Der Handel habe mehr als drei Jahre Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, das Gesetz habe seine Berechtigung.

sputniknews


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