„Besser reden als schießen“ : Wie Nahost-Krise gelöst werden kann – AfD-Außenpolitiker

  11 Januar 2020    Gelesen: 1514
    „Besser reden als schießen“  : Wie Nahost-Krise gelöst werden kann – AfD-Außenpolitiker

Im Bundestag haben am Donnerstag der Auswärtige Ausschuss und der Verteidigungsausschuss in Sondersitzungen das weitere Vorgehen Deutschlands in der aktuellen USA-Iran-Krise diskutiert. Vor seiner Teilnahme im Auswärtigen Ausschuss riet Armin-Paul Hampel (AfD) im Sputnik-Interview der deutschen Regierung: „Neuen KSZE-Prozess in Nahost anstoßen.“

„Nach der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani hat man sofort automatisch gedacht, dass das zu einer Eskalation zwischen dem Iran und den USA erheblich beitragen wird“, sagte Armin-Paul Hampel (AfD) gegenüber Sputnik. Seit 2017 sitzt der frühere ARD-Korrespondent als Abgeordneter seiner Partei im Bundestag. Er ist außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Berliner Parlament.

Im Interview kommentierte er die Sondersitzungen des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag am Donnerstag mit Außenminister Heiko Maas (SPD) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Die Sitzungen diskutierten die aktuelle USA-Iran-Krise sowie die Zukunft des Bundeswehr-Einsatzes im Irak. 

„Ich selber habe einen natürlichen Abwehr-Reflex gegen die Tötung mittels Drohnen-Technik in anderen Ländern“, so der AfD-Außenpolitiker zum Auslöser der jetzigen USA-Iran-Krise. „Da haben wir Deutsche vielleicht eine andere Einstellung zu. Man muss aber den USA zugutehalten, dass General Soleimani kein unbeschriebenes Blatt war. Er war aktiv bei der Erstürmung der US-Botschaft in Bagdad beteiligt. Er hat sich gerühmt, die Speerspitze (der ‚iranischen Revolution‘, Anm. d. Red.) zu sein. Ich hätte es aber für vorteilhafter gehalten, den General festzunehmen. Die US-Amerikaner haben ja genügend Streitkräfte on the ground (auf irakischem Boden, Anm. d. Red.). Das ist leider nicht gelungen.“

AfD-Antrag in Verteidigungsausschuss eingebracht
„Wir haben einen Antrag eingebracht“, sagte er zur Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am Donnerstag im Bundestag. Die AfD-Fraktion fordere: „Dass der Bundestag den geordneten Rückzug aller Bundeswehr-Einheiten aus dem Irak beschließen möge. Wir halten das für den richtigen Schritt und werden das flankierend im Auswärtigen Ausschuss unterstützen.“ Zur Resolution des Parlaments in Bagdad, laut der alle ausländischen Truppen aus dem Irak abziehen sollen, kommentierte Hampel: „Wir müssen es dem frei gewählten irakischen Parlament zugestehen, dass solche Entscheidungen getroffen werden. Das ist für uns die Aufforderung, unsere Truppen geordnet aus dem Land abzuziehen.“

Außerdem richte sich der AfD-Antrag an die deutschen Geheim- und Nachrichtendienste. „Mich würde interessieren, was die deutsche Bundesregierung zu Erkenntnissen US-amerikanischer Dienste über geheime Weiterentwicklungen der Atom-Anlagen im Iran weiß. Und: Ob das von unseren Diensten bestätigt werden konnte. Das ist einer der wesentlichen Punkte. Es geht ja immer noch um das Atom-Abkommen für den Iran, das die USA aufgekündigt haben.“

Soleimani-Ermordung: „Mehr Schaden als Nutzen für Washington“

„Man muss feststellen, dass diese Aktion den US-Amerikanern nicht genutzt, sondern eher geschadet hat.“ Das Ansehen der USA in der gesamten arabischen Welt habe durch den Schlag gegen den Iran gelitten – sowohl bei den Sunniten als auch bei den Schiiten. Auch weitere Beobachter wie Russland, China oder auch einige europäische Staaten seien seitdem in Teilen konsterniert. Auch Tel Aviv beobachte die Situation jetzt ganz genau. „Die Israelis werden erstmal abwarten, wie sich das Kräfteverhältnis entwickelt. Israel hat natürlich ein hohes Interesse daran, dass der Einfluss des Iran auf die Nachbarländer (vor allem in denen, wo große schiitische Minderheiten zu finden sind wie im Irak, Anm. d. Red.) nicht weiter zunimmt. Israel wird alles dazu tun, um den iranischen Einfluss im Irak, in Syrien, im Libanon, im Jemen und anderswo möglichst gering zu halten.“

Was aktuell positiv sei: „Trump hat jetzt am Mittwoch einen Rückzieher gemacht, indem er beschwichtigend auf die Situation eingegangen ist: Jede Äußerung, die den Konflikt wieder eindämmt, ist erst mal zu begrüßen“, betonte Hampel. „Aber ich glaube, dass die US-Regierung hier einen strategischen Fehler gemacht hat.“
Was AfD an deutscher Außenpolitik unter Maas kritisiert …
Hampel zitierte einen aktuellen Beitrag der französischen Zeitung „Le Monde“, nach dem bei der irakischen Jugend die Unterscheidung zwischen sunnitischer und schiitischer Glaubensrichtung im Islam keine große Rolle mehr spiele. Sondern: „Es gibt unter den jungen Menschen im Irak eine Bewegung, die ihr Land als Spielball zwischen der Großmacht USA und der Mittelmacht Iran sieht. Es gibt im Irak eine Vielzahl junger Menschen, die ein nationales Empfinden als Iraker haben. Sie fordern einen unabhängigen Irak.“

Die deutsche Außenpolitik habe aktuell keine guten Karten – trotz „unserer traditionell guten Beziehungen zum arabischen Raum.“ Dies beweise auch der Blick auf weitere aktuelle Krisenherde im nordafrikanisch-arabischen Raum wie in Libyen: „Meine Fraktion hat schon immer (gegenüber Berlin und Brüssel, Anm. d. Red.) angemahnt, Diplomatie zu entwickeln“, so der AfD-Politiker. „Diplomatie bedeutet, mit allen beteiligten Kräften zu sprechen. Es macht keinen Sinn, General Haftar zu ignorieren, wenn die Macht des Faktischen anders aussieht. Wir haben das ja jetzt erlebt: Ägypten hat zu einer Friedenskonferenz nach Kairo eingeladen – und Deutschland ist dort noch nicht einmal eingeladen. Herr Maas hat jetzt versucht mit einer Berliner Konferenz das Heft des Handelns an sich zu ziehen. Wie ich höre, wird diese Konferenz gar nicht erst stattfinden.“

… und welche Fehler der Westen in Nahost begangen hat
„Die falsche westliche Außenpolitik der vergangenen 20 Jahre hat dazu geführt, dass Irak, Libyen, Syrien, Jemen und andere Länder völlig destabilisiert wurden“, bilanzierte der AfD-Außenpolitiker.

„Wir haben folgende Entwicklung: Diese Länder wurden zuvor zwar nicht nach westlichen Maßstäben demokratisch regiert, aber sie wurden säkular (also nach Trennung von Staat und Religion, Anm. d. Red.) regiert. Sprich: Die verschiedenen Religionsgruppen in der Region hatten nichts zu befürchten voneinander. Das hat sich verändert. Jetzt sind radikal-muslimische Machthaber und Gruppen unterwegs. Wir sehen auch durch den wachsenden Einfluss der Türkei – nicht nur in Syrien, sondern auch mit der Truppenentsendung nach Libyen – dass Erdogan jetzt die Militärmacht im vorderen Orient spielt. Man kann nur hoffen, dass die russische Seite ihren Einfluss geltend macht, um Herrn Erdogan dort in seine Schranken zu weisen. Das Anwachsen des türkischen Einflusses in dieser Region sehe ich erstmal nicht positiv. Ich gestehe aber den Türken zu, dass sie in großer direkter Nähe zu den Konfliktgebieten eine Politik betreiben müssen.“ Jedoch kritisiere er dabei die politischen und militärischen Instrumente, die Ankara nutze.

sputniknews


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