Jubiläumsgeld: Weniger Netto, mehr Kosten

  11 Februar 2016    Gelesen: 765
Jubiläumsgeld: Weniger Netto, mehr Kosten
Seit Jahresbeginn sind Zahlungen für Unternehmenstreue mit zusätzlichen Kosten belastet. Die Folgen für Mitarbeiter und Unternehmen sind unerfreulich.
Wien. Mit einer breit angelegten Inseratenkampagne wurde zu Jahresbeginn die Frohbotschaft der Lohnsteuersenkung im ganzen Land verkündet. Arbeiterkammer, Gewerkschaft und Regierung sorgten dafür, dass das „Mehr netto vom Brutto“ noch lange in den Ohren der geplagten Steuerzahlen klingen wird. Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten. So hat der österreichische Handelsverband am Beispiel des Jubiläumsgeldes eine wunde Stelle im Paket der Steuerreform aufgezeigt: Durch dessen Neuregelung müssen fast alle Beteiligten Nachteile in Kauf nehmen.

Beim Jubiläumsgeld geht es um Zahlungen der Dienstgeber an die Mitarbeiter für lange Zugehörigkeit in Unternehmen. So erhält ein im Handel Beschäftigter für seine Treue laut Kollektivvertrag nach 20 Jahren Firmenzugehörigkeit eine Zahlung in der Höhe eines Monatsgehaltes. Nach 25 Jahren gibt es 1,5 Monatsgehälter usw. Ähnliche Regelungen finden sich in zahlreichen Kollektivverträgen anderer Branchen. Bis Ende vergangenen Jahres war für das Jubiläumsgeld keine Sozialversicherung abzuliefern. Vereinfacht gesagt wurde vom Bruttobetrag die Lohnsteuer abgezogen, und das war es.

Sozialversicherung obendrauf

Doch mit der Umsetzung der „größten Steuerreform aller Zeiten“ ist es damit nun mit einem Schlag vorbei. Sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter müssen seit 1. 1. 2016 einen ordentlichen Betrag zur Sozialversicherung leisten, wenn Jubiläumsgeld anfällt. Dem Angestellten werden 17,12 Prozent vom Bruttobetrag abgezogen, bevor die Lohnsteuer berechnet wird. Der Dienstgeber muss zusätzlich 20,98 Prozent vom Bruttogehalt abliefern sowie weitere 1,53 Prozent als Beitrag zur betrieblichen Vorsorgekasse.

Für diese in Zukunft voraussichtlich anfallenden Zahlungen muss von den Unternehmen Vorsorge getroffen werden, und zwar in Form von Rückstellungen. Im Dezember 2015 sollen einige Unternehmer richtiggehend gestöhnt haben, als klar wurde, dass sich die Rückstellungen mit einem Schlag um mehr als ein Fünftel erhöhen. Beim Handelskonzern Rewe ging der zusätzliche Rückstellungsbetrag in den siebenstelligen Euro-Bereich, bestätigt Ines Schurin, Pressesprecherin des Unternehmens.

„Vor allem mitarbeiterintensive Firmen mit wenig Fluktuation wurden davon stark getroffen“, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Österreichischen Handelsverbandes. Zudem könnten Firmen durch die vermehrten Rückstellungen ihre Investitionsneigung zurückfahren. Bilanztechnisch gehören die Rückstellungen zum Fremdkapital. Dadurch verschlechtere sich die Eigenkapitalstruktur der Unternehmen, was zu einem schlechteren Bilanzbild führe, erklärt Wolfgang Höfle von TPS Horvath.

15 Prozent weniger

Aber auch die Mitarbeiter zahlen nun beim Jubiläumsgeld drauf. Eine Handelsangestellte mit einem Bruttomonatsgehalt von 3000 Euro erhält heuer nur noch etwas mehr als 1450 Euro netto an Jubiläumsgeld, zeigt ein Beispiel der SOT Süd-Ost Treuhand aus Graz. Im Vorjahr hätte dieselbe Mitarbeiterin trotz deutlich höherer Steuern noch um etwa 270 Euro mehr netto bekommen.

Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Neuregelung beim Jubiläumsgeld eine Harmonisierung von nicht steuerpflichtigen und nicht betragspflichtigen Entgeltbestandteilen, wie es im sperrigen Juristendeutsch heißt, erklärt Astrid Hass von der SOT. Dass damit jedoch sowohl für Mitarbeiter als auch für die Unternehmen deutliche Verschlechterungen einhergehen, blieb bislang in der Öffentlichkeit unerwähnt. Auf die Frage, warum dies von Unternehmerseite nicht verhindert werden konnte, kommt keine wirklich befriedigende Antwort. „Ein nicht sehr transparenter Vorgang“, kommentiert René Tritscher, Geschäftsführer des Handels bei der Wirtschaftskammer, auf „Presse“-Anfrage die Neuregelung.

Gehälter Älterer verteuert

Auch der Finanzminister bekommt die Maßnahme zu spüren, nicht nur im Form von Ärger der Beteiligten. Da erhöhte Rückstellungen die Steuerbemessungsgrundlage bei den Unternehmen reduzieren, fließen Einnahmen aus der Körperschaftsteuer verzögert in den Staatssäckel.

Diese Neuregelung sei überdies keineswegs dazu angetan, das Problem der hohen Arbeitslosigkeit von Personen im Alter von 50 plus zu reduzieren, so die Experten unisono. Im Gegenteil, ältere Arbeitnehmer werden, wie von den Unternehmen vielfach beklagt, wieder einmal teurer. Oft müssen gerade bei KMU Personalentscheidungen nach reinen Kostengesichtspunkten entschieden werden, weiß Wolfgang Höfle aus Erfahrung. Die Lohnnebenkosten kommen durch die Hintertür, beklagt der Handelsverband.

Die Kammer geht derzeit nicht davon aus, dass es zu einer Rücknahme dieser zweifelhaften Reform kommen werde. Auch wenn damit wieder ein Stück Vertrauen in den heimischen Wirtschaftsstandort verloren gehe.

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