Schreie verfolgen die Helfer noch lange
Zahlreiche Seelsorger waren nach dem schweren Zugunglück mit zehn Toten und Dutzenden Verletzten am Einsatzort, um den Beteiligten Trost und Kraft zu spenden. Notfallseelsorger begleiteten auch die Polizisten, die den Angehörigen die Todesnachricht überbringen mussten.
"Die Verletzten haben natürlich Bilder, Geräusche, Gerüche, Gefühle erlebt, die sie eine Zeit lang verfolgen", sagte Horst Henke, Einsatzleiter des Kriseninterventionsteams (KIT) Rosenheim. Für Emotionen der Helfer sei im Einsatz kein Platz. Wichtiger sei es, die Betroffenen zu versorgen, betonte Henke. "Danach müssen Familie und Freunde die Person auffangen."
Die Wucht der eigenen Gefühle erreiche die Helfer oft erst zeitversetzt, sagte Notfallseelsorger Saur. "Im Einsatz stehen wir oft selbst unter Strom, so dass es uns ganz gut gelingt, unsere eigenen Befindlichkeiten im Zaum zu halten." Deshalb sei es umso wichtiger, Rückfallsysteme zu haben. "Jeder von uns hat seine persönlichen Rituale nach so einem Einsatz." Manche würden sofort die Dienstkleidung ausziehen und in die Wäsche geben, "andere baden oder duschen, um sich so Distanz zum Geschehen zu verschaffen".
Regelmäßig müssen Seelsorger auch selbst professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. "In Supervision gehen", sagt Saur und meint damit Gespräche der Notfallseelsorger mit geschulten, psychologischen Fachleuten, den sogenannten Supervisoren. In diesen Gesprächen können die Helfer ihre Eindrücke schildern und gemeinsam besprechen.