Frankreich steuert auf mit Spannung erwartete Regierungsumbildung zu

  12 Februar 2016    Gelesen: 1006
Frankreich steuert auf mit Spannung erwartete Regierungsumbildung zu
Mit Spannung hat Frankreich am Donnerstag eine Regierungsumbildung von Staatschef François Hollande erwartet. Der sozialistische Präsident musste unter anderem einen Nachfolger für den scheidenden Außenminister Laurent Fabius finden, der am Mittwoch seinen Rückzug aus der Regierung angekündigt hatte. Mit der Regierungsumbildung dürfte der bei den Franzosen höchst unbeliebte Hollande zugleich Kurs auf die Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2017 nehmen.
Eine Erklärung des Elysée-Palasts zur Regierungsumbildung soll voraussichtlich am Donnerstagnachmittag veröffentlicht werden, wie es aus Hollandes Umfeld hieß. Anders als bei den beiden vorhergehenden Regierungsumbildungen wurde nicht erwartet, dass diese zunächst durch den Rücktritt des bisherigen Kabinetts eingeleitet wird.

Bis zuletzt herrschte Unklarheit, welche Ministerwechsel Hollande vornehmen würde. Als Nachfolger des an die Spitze des französischen Verfassungsrats wechselnden Fabius waren insbesondere Umweltministerin Ségolène Royal - Hollandes frühere Lebensgefährtin - und Ex-Premierminister Jean-Marc Ayrault im Gespräch. Der frühere Deutschlehrer Ayrault ist ein großer Deutschlandfreund und spricht sehr gut Deutsch, was die Zusammenarbeit mit Berlin erleichtern würde.

Unklar war auch, ob Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian im Amt bleiben würde. Der enge Hollande-Vertraute gilt wegen des Anti-Terror-Kampfes und wegen seiner guten Kontakte nach Afrika als unentbehrlich. Er wurde aber im Dezember zum Regionalpräsidenten der Bretagne gewählt, und Hollande hat seinen Ministern eine solche Ämterhäufung eigentlich verboten.

Über die Regierungspolitik hinaus hat die erwartete Regierungsumbildung auch eine wahltaktische Dimension: Denn der unter desaströsen Umfragewerten leidende Hollande muss das linke Lager hinter sich bringen, wenn er in rund 15 Monaten Chancen auf eine Wiederwahl haben will - und könnte das über die Verteilung von Ministerposten tun.
Hollande müsse "um jeden Preis seine politische Basis erweitern", sagte ein Vertrauter des Staatschefs am Donnerstag. "Man kann keine Präsidentschaftswahl angehen, wenn nicht die sozialistische Familie hinter ihrem Kandidaten versammelt ist, und ohne die Grünen."
Tatsächlich stößt Hollandes Politik - der wirtschaftsfreundliche Kurs einerseits und die Verschärfung der Sicherheitspolitik seit den Anschlägen des vergangenen Jahres andererseits - in den eigenen Reihen auf scharfe Kritik. Viele Sozialisten werfen dem Staatschef vor, mit seinem Premierminister Manuel Valls keine linke Regierungspolitik mehr zu verfolgen. Für Streit sorgt derzeit insbesondere das Vorhaben einer Ausbürgerung von wegen Terrortaten verurteilten Franzosen.

Mit Ministerposten könnte Hollande den linken Parteiflügel wieder an sich binden. Er dürfte auch versuchen, die Grünen wieder einzubinden, die im Frühjahr 2014 nach einer umfassenden Kabinettsumbildung aus der Regierung ausgeschieden waren. Allerdings sind die Grünen derzeit höchst zerstritten und uneins in der Frage, ob sie sich an der Regierung beteiligen sollen.

Ein geschlossenes linkes Lager wird es bei den Präsidentschaftswahlen 2017 aber ohnehin nicht geben: Der bekannte Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon gab am Mittwochabend seine Kandidatur für das höchste Staatsamt bekannt.

Je mehr linke Kandidaten es im ersten Wahlgang gibt, desto geringer sind Hollandes Chancen, es in die Stichwahl zu schaffen. Dort könnten sich 2017 Umfragen zufolge vielmehr die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen und der Kandidat der Konservativen gegenüberstehen, möglicherweise Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy.

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