Schmelze in der Antarktis könnte Meeresspiegelanstieg verdreifachen

  14 Februar 2020    Gelesen: 909
  Schmelze in der Antarktis könnte Meeresspiegelanstieg verdreifachen

Die Sorge um die Eismassen in der Antarktis wächst. Forscher befürchten, dass der Kontinent in absehbarer Zeit zum wichtigsten Einflussfaktor für den globalen Meeresspiegelanstieg wird.

In der Antarktis lagern gewaltige Mengen Eis und Schnee. Doch das System ist fragil. Im Westen des Kontinents droht derzeit der riesige Thwaites-Gletscher aus dem Gleichgewicht zu geraten. Sein Eis fließt immer schneller ins Meer und treibt damit den Meeresspiegel in die Höhe (mehr dazu lesen Sie hier), auch der nahe gelegene Pine-Island-Gletscher verliert viel Eis. Auf der Seymour-Insel an der Nordspitze der antarktischen Halbinsel stiegen die Temperaturen am Sonntag auf 20,75 Grad, berichtet der "Guardian" unter Berufung auf einen dort tätigen Antarktisforscher.

Auch Wissenschaftlern um Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bereitet der Zustand der Antarktis Sorgen. Laut einer Studie im Fachmagazin "Earth System Dynamics" der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) könnte der globale Meeresspiegel in diesem Jahrhundert allein durch den Beitrag der Antarktis dreimal so stark ansteigen wie in den vergangenen hundert Jahren. Damals gab es einen Anstieg um insgesamt etwa 19 Zentimeter.

Bei 58 Zentimetern ist wahrscheinlich Schluss
Die Forscher haben aktuelle Computersimulationen zum Meeresspiegelanstieg untersucht und die Daten zusammengetragen. Demnach kommen die Prognosen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen - je nachdem, welche Einflussfaktoren sie wie stark berücksichtigten und wie sich die Treibhausgasemissionen entwickeln.
Bleiben die Emissionen wie gehabt, steigt der Meeresspiegel laut der Auswertung zwischen sechs und 58 Zentimetern. Gelinge es dagegen, die Emissionen rasch zu verringern, liege die Spanne zwischen vier und 37 Zentimetern.

"Der Einfluss der Antarktis erweist sich als die größte Unbekannte für den Meeresspiegelanstieg weltweit, aber dadurch auch als das größte Risiko", erklärte Levermann. Die neuen Forschungsergebnisse lieferten vor allem wichtige Informationen für den Küstenschutz. Eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt es demnach, dass der Wert von 58 Zentimetern nicht überschritten wird.

"Je mehr Computersimulationsmodelle wir verwenden, desto größer ist die Bandbreite der Ergebnisse, die wir bekommen - aber desto robuster sind auch die Schätzungen, die wir der Gesellschaft liefern können", erklärte Mitautorin Sophie Nowicki vom NASA Goddard Space Flight Center. Zwar gebe es "immer noch große Unsicherheiten", doch sei es gelungen, das Verständnis des größten Eisschildes der Erde beständig zu verbessern.

Potenzial für einen Gesamtanstieg um bis zu 150 Meter
Auf längere Sicht, also in den kommenden Jahrhunderten bis Jahrtausenden, hat das Abschmelzen des antarktischen Eisschildes der Studie zufolge das Potenzial, den Meeresspiegel um mehrere zehn Meter anzuheben - so große Eismengen lagern dort. "Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas die Risiken für die Küstenmetropolen von New York bis nach Mumbai, Hamburg oder Shanghai weiter in die Höhe treibt", sagte Levermann.

Bisherige Prognosen zum Anstieg des Meeresspiegels berücksichtigen vor allem die thermische Ausdehnung des sich erwärmenden Meerwassers sowie schmelzende Gebirgsgletscher als wichtigste Faktoren. Auch das Abschmelzen des grönländischen Eisschilds spielt eine Rolle. Den neuen Forschungsergebnissen zufolge dürfte jedoch der Anteil der Antarktis bereits in absehbarer Zeit zum wichtigsten Faktor werden.

Alle Faktoren zusammen ergeben das Gesamtrisiko für den Meeresspiegelanstieg. Beziehe man den Beitrag Grönlands, von Gebirgsgletschern und der Ausdehnung der Ozeane ein, sei bis zum Ende des Jahrhunderts ein Meeresspiegelanstieg um bis zu 150 Zentimeter möglich, sagte Levermann. Allerdings gibt es auch bei dieser Prognose eine große Spanne.

  spiegel


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