KTM 1290 Super Duke R - handzahmes Biest?

  15 Februar 2020    Gelesen: 558
  KTM 1290 Super Duke R - handzahmes Biest?

Mit der 1290 Super Duke hat KTM seinerzeit eine Punktlandung gemacht. Allein der Name "The Beast" lockte die zahlungswilligen Kurvenjäger reihenweise in den Sattel. Jetzt geht die dritte Generation an den Start und überzeugt mit alten und neuen Tugenden.

Man konnte schon bei der 2013 in ihrer ersten Generation vorgestellten KTM 1290 Super Duke darüber streiten, ob der Modell-Slogan "The Beast" wirklich zutrifft oder auch nicht; dieses extrem starke und leichte Nakedbike ließ sich fahren, ohne durch ungehobelte Manieren negativ aufzufallen. Die zweite Generation, 2017 erschienen, konnte alles noch ein bisschen besser.

An der ganz offensichtlich zugkräftigen "Beast"-Aussage hält KTM denn auch bei der in den nächsten Wochen zu den KTM-Händlern rollenden dritten Generation der 1290 Super Duke R fest; das "Beast 3.0", volle sechs Kilogramm leichter und zudem drei PS stärker als das namensgleiche Vormodell, verspricht denn auch allerhand. Als Erkenntnis eines langen Fahrtages auf Landstraße und Rennstrecke im Süden Portugals sei gleich vorweg festgehalten: KTM verspricht nicht nur, sondern liefert auch, und zwar ohne jegliche Einschränkungen.

Dass es sich bei der KTM 1290 Super Duke R um eine Raubkatze auf zwei Rädern handelt, macht ihr Design bereits im Stand unmissverständlich deutlich: Kompakt und geduckt scheint sie nur darauf zu warten, auf Beutezug gehen zu dürfen. Wird der Zweizylinder-V-Motor gestartet, erfüllt dumpfes Grollen die Luft. Steigt ihr Pilot auf, fühlt er sich auf Anhieb integriert.

Einzigartiges Kraftpaket

Der Sitz ist zwar hoch, aber passend montiert, der Lenker bestens zu greifen, die Sitzposition kompakt, aber entspannt. So lässt sich vergnügt auf Kurvensuche gehen! Dominierend für den Fahreindruck ist das Gefühl, stets ein Übermaß an Kraft zur Verfügung zu haben. Es macht in der Praxis kaum einen Unterschied, ob der Drehzahlmesser am Ende einer Kurve beim Gasaufziehen drei-, vier- oder auch fünftausend Touren anzeigt – die Super Duke pfeilt davon wie von der Sehne geschnellt.

Wer die Drehmomentkurve des nun 180 PS leistenden LC-8-Motors betrachtet, erkennt sofort, woran das liegt: Schon bei 3000 Umdrehungen liegen fast 110 Newtonmeter an, bei 6500 sind es gute 130 Newtonmeter – kein Wunder, dass im Sattel der Super Duke R niemals das Gefühl von Kraftmangel aufkommt. Zugleich dreht der V2 beim geringsten Dreh am Gasgriff stürmisch hoch. Die gegenüber dem bisherigen Motor verminderte Schwungmasse macht sich diesbezüglich positiv bemerkbar.

Negative Begleiterscheinungen wie Ruckeln bei Drehzahlen von 2500 bis 3500 Kurbelwellenumdrehungen bleiben dank sorgfältiger Triebwerksabstimmung und modernster Elektronik erfreulicherweise weitgehend aus. Ja, dieser V2 ist ein Quell der Freude, auch wenn er mit 6,2 Liter Durchschnittsverbrauch laut WMTC-Norm nicht der sparsamste Treibsatz des Universums ist. Aber die Super Duke säuft auch nicht, denn sie ist nicht nur ein starkes, sondern bei Bedarf zudem schnelles Motorrad. Wenngleich 250 km/h ohne nennenswerten Windschutz nicht als komfortabel bezeichnet werden können.

Dank der Assistenten handzahm

Dass das "Beast 3.0" trotz seiner 180 Pferdchen bei nur 200 Kilogramm Gewicht als handzahm bezeichnet werden kann, ist zahlreichen Fahrassistenzsystemen zu verdanken, die mittels eines Sechsachsen-Sensors mit den nötigen Daten versorgt werden. Genannt seien lediglich die sehr feinfühlig arbeitende Traktionskontrolle, das Kurven-ABS und die ebenfalls einstellbare Wheelie-Kontrolle.

Wer will, kann das Hinterrad zum Zweck steter Fahrstabilität auf den Boden zwingen, wer Kurven – beispielsweise auf Rennstrecken – im Slide angehen will, wählt eine andere Einstellung fürs die Bremsenregelung. KTM lässt dem Fahrer alle Freiheiten und spannt dabei ein vorzüglich abgestimmtes Netz an Regelungssystemen. Die Einstellung über das Menü des Bordcomputers erfordert zwar vielfaches Knöpfchendrücken, doch insgesamt ist das Menü sinnvoll aufgebaut und die Bedienung leicht erlernbar. Dabei hilft auch das gut ablesbare TFT.

Eine große Rolle für das bemerkenswerte Fahrvergnügen, das die KTM 1290 Super Duke R bietet, spielt ihr Fahrwerk. Es ist, wie der Motor, vorzüglich abgestimmt und balanciert souverän auf dem Grat zwischen bester Präzision und unziemlicher Härte. Nur sehr harte Kanten im Fahrbahnbelag werden als bösartig empfunden, die meisten Stöße finden den Weg ins Kreuz des Fahrers nicht.

Das Biest hat seinen Preis

Dass auch die Bremsen – zum Einsatz kommt feinste Radial-Ware von Brembo – erste Sahne sind, darf man angesichts des Fahrzeugpreises von 18.295 Euro erwarten. Ebenfalls keine Überraschung ist, dass das konsequent umgesetzte Konzept eines Hyper-Nakedbikes für die Dame des Herzens nur einen Notsitz zur Verfügung stellt. Alles andere – Spiegel, LED-Licht, Kupplungsbetätigung, Seitenständer – funktioniert ohne jede Einschränkung.

Wer zu jenen Motorradfahrern gehört, die nie zu viel Leistung haben können, sollte die KTM 1290 Super Duke R einer persönlichen Prüfung unterziehen. Mag sein, dass bei manchem Interessenten das sehr ungewöhnliche, kantige Design einer Beziehungsaufnahme im Wege steht. Wer aber damit leben kann, wird am handzahmen Biest große Freude haben, vorausgesetzt, das fahrerische Vermögen ist nicht geringer als die finanzielle Leistungskraft.

Quelle: ntv.de, Ulf Böhringer, sp-x


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