Es kann nur einen geben

  26 Februar 2020    Gelesen: 884
Es kann nur einen geben

In Argentinien haben sie es nicht leicht: Wer ist denn nun das beliebtere Fußball-Idol? Diego Maradona trotz Aufgeblasenheit und Drogensucht oder Lionel Messi trotz Steuerhinterziehung? Die Antwort hat auch mit Taxifahrern zu tun.

Es gibt nur wenige Dinge, auf die man sich verlassen kann. Dazu gehört die Gewohnheit von Autoren, zu den wirklich wichtigen Themen erst einmal einen oder mehrere Taxifahrer zu befragen. So machte es auch der Katalane Jordi Punti, als er herausfinden wollte, wer in Argentinien das beliebtere Fußball-Idol ist: Messi oder Maradona.

Angeblich sind die Taxifahrer in Buenos Aires für ihre blumige Ausdrucksweise bekannt, nur so lässt sich erklären, was Chauffeur Nummer eins antwortete: „Messi ist Argentinier, ja, aber, sagen wir, ihm fehlt es an Argentinität.“ Nummer zwei soll parallel zum Drehen des Lenkrads folgenden Satz gedrechselt haben: „Messi ist mehr Fußballer als Argentinier. Maradona ist mehr Argentinier als Fußballer.“ So steht es in Puntis neu erschienenem Buch „Messi: Eine Stilkunde“.

Außerdem ist Maradona auch noch mehr Neapolitaner als Fußballer. Wenn Lionel Messi also an diesem Dienstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) im Achtelfinale der Champions League mit dem FC Barcelona beim SSC Neapel antritt, dann muss ihm klar sein, dass er noch so magisch dribbeln kann: Das Duell um Platz eins in den Herzen hat er auch hier von vorneherein verloren gegen seinen prallen Landsmann. Das Stadion in Neapel ist Maradonas Tempel, an seiner einstigen Wirkungsstätte als Wundertäter ist kein Platz für mehrere Götter. Ob in Italien oder in den Taxen von Buenos Aires – Maradona kriegt trotz all seiner Aufgeblasenheit und seiner Drogensucht die meiste Liebe ab.

Wieso das so ist? Vielleicht, weil er Fußball-Weltmeister wurde und Messi nicht. Mit seinen Eskapaden offenbart ein Weltmeister nämlich seinem dankbaren Volk, dass er immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Und Messi ist ja nicht nur kein Weltmeister. Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung als einziger bekannter Ausrutscher ist nicht gerade förderlich fürs Charisma.

Jordi Punti erinnert noch einmal daran, dass Lionel Messi im September 2005 auch die spanische Staatsangehörigkeit erhalten hat, und fragt sich, ob er bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika nicht einen Augenblick daran zurückdachte, dass er das Angebot ausgeschlagen hatte, künftig für Spanien anzutreten.

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Mit Spanien wäre er damals Weltmeister geworden. Und nicht, wie mit Argentinien, im Viertelfinale schmachvoll 0:4 gegen Deutschland ausgeschieden. Und zwar mit Diego Maradona als Trainer, der so geschwächt war, dass er auf dem Weg in die Kabine von einem Betreuer gestützt werden musste. Messi müsste dann nicht mit dieser unpassenden Leerstelle leben. Doch man muss kein Taxifahrer in Buenos Aires sein, um festzustellen: Für solch einen Entschluss hatte er wohl doch zu viel Argentinität.

faz.net


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