Frohe Botschaft

  06 März 2020    Gelesen: 761
Frohe Botschaft

Renaults Morphoz verwandelt sich auf Knopfdruck, wird vom Stadtwagen zum Langstrecken-Könner. Noch interessanter ist, wie das Konzept-Auto an seinen Strom kommt.

Auf Knopfdruck vom Stadtwagen zum Kompaktauto für die nächste Urlaubsreise - sieht so die automobile Zukunft aus? Das neue Konzeptfahrzeug Renault Morphoz erweckt zumindest diesen Eindruck. Heck und Front des Fahrzeugs können um je 20 Zentimeter ausgefahren werden, dann wird das Fahrzeug 40 Zentimeter länger und misst 4,80 Meter. Im so hinzugewonnenen Raum können alsdann zusätzliche Lithium-Ionen-Akkus versenkt werden, um die Reichweite erhöhen. Und zwar um 300 Kilometer, auf dann bis zu 700 Kilometer.

Eigentlich sollte das Konzeptauto Morphoz Anfang März auf dem Genfer Autosalon enthüllt werden. Der Corona-Virus verlegte die Weltpremiere vorerst ins Netz (Sehen die hier eine Übersicht der wichtigsten Neuheiten, die in Genf hätten gezeigt werden sollen).

Um wirklich 700 Kilometer weit fahren zu können, muss das Crossover-Concept-Car Morphoz eine spezielle, von Renault konzipierte, Wechsel-Station anfahren. Dort können zusätzliche Batterien aufgenommen und nicht benötigte Akkus abgegeben und aufgeladen werden – bis das nächste Fahrzeug sie schluckt. All das soll vollautomatisch vonstatten gehen. Die Ladekapazität des Konzepts variiert zwischen 50 kWh ("City-Mode") und 90 kWh ("Travel-Mode"). Zudem soll der Morphoz induktiv Strom laden können.

Sieht Renault in dem Konzept des Akku-Sharing-Modells also die Lösung eines noch weitverbreiteten Problems: Der Angst vor dem liegengebliebenen E-Auto?
Nein. Denn der Renault Morphoz wird wohl nie gebaut werden. Und Akku-Sharing war in der Vergangenheit kein Erfolgsmodell. Das Batterie-Austausch-Unternehmen "Better Place" von Ex-SAP-Manager Shai Agassi ging mit dieser Idee bereits 2013 insolvent.

Der Wagen hat eine ganz andere Funktion. "Der Renault Morphoz kündigt die nächste Generation unserer Elektrofahrzeuge an", sagt Gilles Normand, Senior Vice President Electric Vehicles & Mobility Services, bei Renault. Der Morphoz ist ein Botschafter. Seine wichtigste Kundgabe: Es gibt eine neue modulare Plattform. Sie trägt den Namen CMF-EV. Der Konzeptwagen Morphoz ist der erste Renault, der auf ihr basiert.

Gemeinsame Plattform von Nissan, Mitsubishi und Renault
Die CMF-EV-Plattform wurde von der Hersteller-Allianz Renault, Nissan und Mitsubishi konzipiert. CMF-EV steht dabei für "Common Module Family-Electric Vehicle". Ab 2021 sollen alle elektrischen Fahrzeuge von Renault auf der neuen Architektur aufbauen, so eine Unternehmenssprecherin. Schrumpfen oder wachsen können künftige Renault-Modelle deshalb aber nicht. Der Konzeptwagen Morphoz, der seine Größe variiert, dient vielmehr der Veranschaulichung, welches Fahrzeugspektrum die neue Basis abdecken wird. Die CMF-EV-Plattform kombiniert einen durchgängigen Boden mit besonders flachen Akkus. Das ermöglicht geringen Bauraum und damit bessere Aerodynamik sowie einen größeren Innenraum.

Der gemeinsame Baukasten der drei Hersteller kann zudem als kleines Ausrufezeichen betrachtet werden: Nach dem unrühmlichen Abgang von Renault-Chef Carlos Ghosn wurde die Allianz brüchig. Offenbar will man der Welt nun zeigen: Wir halten wieder zusammen.Bis 2022 will Renault insgesamt acht rein elektrische Modelle auf den Markt bringen. Bereits erhältlich sind der Kleinwagen ZOE, der Lieferwagen Kangoo Z.E., der City-Flitzer Twizy und der Transporter Master Z.E. Zur Jahreswende 2020/21 kommt der Twingo Z.E. hinzu. Der Kleinwagen sollte genau wie der Renault Morphoz beim Autosalon in Genf Weltpremiere feiern.

Renault setzt auf Anpassungsfähigkeit
Der Wagen soll aber auch noch eine andere Botschaft platzieren, nämlich die von der neuen Philosophie bei Renault. Künftig sollen sich die Autos des Konzerns bestmöglich dem Fahrer anpassen. Der Konzeptwagen setzt dafür auch auf künstliche Intelligenz. Die KI ermöglicht, dass der Fahrer dank verschiedener Sensoren schon erkannt wird, bevor er überhaupt einsteigt. Die Tür entriegelt sich, wenn dem Wagen zugewinkt wird. Und der Fahrersitz fährt automatisch in die auf ihn abgestimmte Sitzposition. Der Beifahrersitz kann zudem um 180 Grad gewendet werden. Der Beifahrer soll so besser mit den Menschen auf der Rückbank reden können. Die Idee dahinter: So könnte das Morphoz-Konzept auch für Sharing-Dienste interessant sein.

An schrumpfenden Autos wird derweil woanders gearbeitet. Das Minimobil "City Transformer" des gleichnamigen israelischen Start-ups etwa kann die Form seiner Umgebung anpassen: Bei besonders engen Parklücken lässt sich der Unterbau des Mini-Wagens einfahren. Der Renault Morphoz könnte so oder so kein Einpark-Hit werden. Selbst im Schrumpfmodus ist er noch immer 4,40 Meter lang – und damit zehn Zentimeter länger als der VW Golf 8.

spiegel


Tags:


Newsticker