Riesenkrebs bestiehlt Forscherin

  12 März 2020    Gelesen: 758
Riesenkrebs bestiehlt Forscherin

Palmendiebe sind die größten an Land lebenden Krebstiere der Erde. Sie wiegen bis zu vier Kilogramm, sind ziemlich kräftig und dazu noch sehr neugierig - wie nun eine Biologin zu spüren bekam.

Wenn Annabel Dorrestein von ihren Studienobjekten spricht, dann leuchten ihre Augen. Obwohl es bei ihr bereits morgens früh um zwei ist, als der SPIEGEL die Biologin per Videotelefonat erreicht. "Das sind im Prinzip fliegende Teddybären", schwärmt sie. "Die Leute wissen gar nicht, wie sozial diese Tiere sind."

Als Doktorandin an der Western Sydney University in Australien untersucht die aus den Niederlanden stammende Forscherin eine bestimmte Art von Flughunden, die nur auf der Weihnachtsinsel leben. Das ist ein zu Australien gehörendes Eiland im Indischen Ozean, etwa  350 km südlich der indonesischen Insel Java, und nur 135 Quadratkilometer groß. Dort existieren noch ungefähr 3000 der pelzigen Tiere.

Tagsüber schlafen sie an sechs verschiedenen Stellen der Insel, nachts suchen sie ihre Nahrung, vor allem Früchte und Nektar. In den vergangenen Jahren hat die Population der Flughunde dramatisch abgenommen, allein zwischen 2006 und 2012 um rund 40 Prozent. Bereits in wenigen Jahren könnten sie ausgestorben sein.

Um das Verhalten der einzig verbliebenen einheimischen Säuger auf der Insel zu untersuchen, vor allem die sozialen Interaktionen, nutzt Dorrestein eine Wärmebildkamera. Und weil die kürzlich, vor etwa zwei Wochen, wie sie sagt, gestohlen wurde, hat die Wissenschaftlerin jetzt eine gewisse Bekanntheit erlangt - als die Frau, die von einem Riesenkrebs beklaut wurde.

"In jeder Ecke und in jedem Winkel" gesucht - ohne Erfolg
Zunächst hatte der öffentlich-rechtliche Rundfunk Australiens, die "ABC", über den Fall berichtet. Ein Palmendieb, das größte an Land lebende Krebstier der Erde, habe Dorrenstein das Leben schwer gemacht. Die Krustentiere können, wenn man ihre Beine mitrechnet, einen Meter Spannweite erreichen und vier Kilogramm auf die Wage bringen. (Lesen Sie hier, wie die Tiere mit ihren Scheren mehr Beißkraft entwickeln als ein Löwe.)

Palmendiebe hätten sie beständig bei ihrer Arbeit behindert, berichtete Forscherin Dorrestein der "ABC". Schon oft hätten sie versucht, ihre Kameras, ihren Rucksack oder andere Ausrüstungsgegenstände wegzuschleppen. Doch laufe man den Tieren nach, ließen sie normalerweise von ihrer Beute ab. Zuletzt sei das jedoch nicht der Fall gewesen. Damals sei eine umgerechnet rund 3500 Euro teure Kamera mit Batterie, die sie vor einem Mangobaum aufgebaut habe, komplett verschwunden.

Auf dem zurück gebliebenen Stativ der Kamera und auf dem Akku habe sie Spuren der mächtigen Scheren des Krebses gefunden. Die darauffolgende Suche "in jeder Ecke und in jedem Winkel" der Insel sei erfolglos verlaufen, so Dorrestein. Insgesamt habe sie drei Stunden mit der Suche im Dschungel verbracht, sagt die Forscherin nun dem SPIEGEL. Das Ergebnis: null. Zwar habe sie viele Krebse gefunden, aber nirgendwo ihre Kamera.

Sehr neugierig und mit außergewöhnlich gutem Geruchssinn ausgestattet
Nationalpark-Ranger Rob Muller zeigte sich wenig überrascht angesichts der kleptomanischen Krebstiere: "Sie sind sehr neugierig und haben einen außergewöhnlich guten Geruchssinn, was sie an alle möglichen Orte führt und ihre Neugierde weckt." Hätten die Krebse einmal etwas gefunden, das ihre Neugierde erregt, dann zerrten sie diesen Gegenstand wenn möglich mit sich fort, um ihn sich aus der Nähe anzusehen.

Auch andere Bewohner der Weihnachtsinseln erzählten der "ABC" ihre Erlebnisse mit den Palmendieben. Einer von ihnen hatte auch eine Erklärung für den Einfallsreichtum der Tiere: Die Krebse würden 80 bis 90 Jahre alt werden, so hätten sie jede Menge Zeit, ein paar Tricks zu lernen. Tatsächlich gebrauchen Palmendiebe ihre Fähigkeiten aber normalerweise, um auf Palmen zu klettern und dort Kokosnüsse zu ernten - und um diese dann später zu öffnen, damit der Inhalt zum Verspeisen frei liegt.

Für Forscherin Dorrenstein ist der Diebstahl ihrer Kamera ziemlich nervig, wie sie sagt. Sie habe sie häufig für ihre Forschung eingesetzt. Mit dem Geld eines Stipendiums habe sie genau ein Exemplar des teuren Gerätes kaufen können. Nun müsse sie dem Stipendiengeber erklären, was damit passiert sei. Und die Versicherung müsse sie auch noch verständigen.

Vermutlich im Mai will die Biologin wieder auf die Insel. Dann, wie sie sagt, hoffentlich mit einer neuen Kamera im Gepäck.

spiegel


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