Fast 250 Wissenschaftler haben der britischen Regierung vorgeworfen, nicht genug gegen die Covid-19-Pandemie zu tun und unnötig Leben zu gefährden. Mit einfachen Maßnahmen könnten Tausende Menschen gerettet werden, teilten die Wissenschaftler aus Großbritannien am in einem offenen Brief mit. Es sei möglich, die Geschwindigkeit der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus "dramatisch" zu bremsen. Unkontrolliert könnten sich aber in den nächsten Wochen Millionen Briten mit dem Erreger anstecken.
In Großbritannien sind zum Beispiel Großveranstaltungen noch nicht generell verboten und bisher nur wenige Schulen geschlossen. Regierungsberater Patrick Vallance hatte die bislang zurückhaltenden Maßnahmen in dem Land unter anderem damit begründet, dass eine "Herdenimmunität" gegen das Virus aufgebaut werden müsse. Infizierten sich etwa 60 Prozent der Bevölkerung, dann könnte Schutz für die ganze Gemeinschaft durch Immunität aufgebaut werden, sagte der Gesundheitsexperte kürzlich bei der Vorstellung eines Maßnahmenkatalogs der Regierung mit Premierminister Boris Johnson.
Dieser Ansatz ist umstritten, auch die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Harris, stellte ihn am Samstag infrage. Man wisse noch zu wenig über das Virus. "Es ist noch nicht lange genug in unserer Bevölkerung, um zu wissen, was es immunologisch macht", sagte sie dem Nachrichtensender BBC. "Wir können über Theorien reden, aber im Moment stehen wir wirklich vor einer Situation, in der wir uns mit Taten beschäftigen müssen."
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte in der Nacht zum Sonntag, dass der Regierungsberater Vallance falsch verstanden worden sei. "Herdenimmunität ist nicht Teil des Aktionsplans, sondern das natürliche Beiprodukt einer Epidemie". Ziel sei es, Leben zu retten und den staatlichen Gesundheitsdienst NHS (National Health Service) zu entlasten. Der NHS ist chronisch überlastet und marode. Die Mängel im Gesundheitsdienst waren auch zentrales Thema im Wahlkampf.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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