Luft-Ansteckung nicht ganz auszuschliessen

  22 März 2020    Gelesen: 2096
  Luft-Ansteckung nicht ganz auszuschliessen

Seit Tagen ergreifen Länder weltweit strenge Maßnahmen, um das Coronavirus einzudämmen. Spuckschutz und Abstandmarkierungen im Supermarkt sind keine Seltenheit mehr. Doch was ist, wenn man sich auch über die Luft mit dem Erreger anstecken kann?

Seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus Ende des Jahres beschäftigt die Wissenschaft vor allem eine Frage: Wie genau wird das Virus übertragen - und ist auch eine Übertragung über die Luft möglich? Eine Studie im angesehenen Fachmagazin "New England Journal of Medicine" (NEJM) hat die Debatte in dieser Woche erneut angefacht. Darin kommen die Autoren zu dem "beunruhigenden Ergebnis, dass die Übertragung des Virus Sars-CoV-2 per Aerosol", also in Form von Schwebeteilchen, durchaus möglich sei. Experten raten aber von vorschnellen Schlüssen ab: Ihnen zufolge lässt sich aus der Studie keineswegs ableiten, dass das Virus Menschen ansteckt, indem es in der Luft bleibt, wenn ein Kranker hustet.

Sicher ist bis heute nur, dass Sars-CoV-2 hauptsächlich über die Atemwege - wenn ein Patient beim Husten beispielsweise Speicheltröpfchen ausstößt - sowie durch Körperkontakt übertragen wird. Deshalb raten die Gesundheitsbehörden immer wieder, mindestens einen Meter Abstand zu halten.

In ihrer NEJM-Studie wiesen die Forscher nun nach, dass das Virus drei Stunden lang als Schwebeteilchen in der Luft überleben kann - dafür versprühten sie das Virus mit einer Art Zerstäuber in der Luft. Ihre Kollegen weisen allerdings darauf hin, dass das Experiment mit der Realität wenig übereinstimmt: Muss ein Erkrankter husten oder niesen, "fallen die Tröpfchen im Vergleich zu einem Aerosol ziemlich schnell zu Boden", weil sie schwerer sind als die Schwebeteilchen aus einem Sprühnebel, sagt Paul Hunter von der britischen Universität von East Anglia.

Virus überlebt tagelang auf Oberflächen

Hunter bleibt bei seiner bisherigen Einschätzung der Risiken - die vor allem bestehen, wenn jemand zu nah bei einem Infizierten steht oder Oberflächen berührt, auf denen Speicheltröpfchen haften. Nach dem Berühren kontaminierter Oberflächen besteht nämlich die Gefahr, dass man sich mit der Hand über das Gesicht fährt und sich seinerseits über Nase, Augen oder den Mund infiziert.

In der von NEJM veröffentlichten Studie ließ sich das Virus noch bis zu drei Tage lang auf Kunststoff- oder Edelstahloberflächen nachweisen und auf Pappe bis zu 24 Stunden. Ob man sich aber tatsächlich infiziert, hängt von der "Menge der Viren" ab, erklären die Forscher. "Unser Rat lautet deshalb immer, sich vorsichtshalber regelmäßig gründlich die Hände zu waschen", sagt der britische Experte Hunter. Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité sagte allerdings bei NDR Info zu dem Experiment, dass nach so langer Zeit nur geringe Mengen Viren überleben und eine Ansteckung nach drei Tagen unwahrscheinlich sei.

Der britische Experte Hunter sagte, eine Übertragung des Virus über die Luft könne derzeit auch nicht völlig ausgeschlossen werden. "Wir können die Idee nicht völlig beiseite wischen, dass das Virus in der Lage ist, eine bestimmte Strecke in der Luft zurückzulegen", sagte der renommierte US-Immunologe Anthony Fauci am Donnerstag dem US-Fernsehsender NBC.

Quelle: ntv.de, Paul Ricard, AFP


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