In Italien verfüttert die Mafia die Leichen ihrer Opfer an die Schweine, weil es keine bessere Art gibt, die Spuren der Toten restlos zu beseitigen. In Mexiko hängt die Mafia die Ermordeten an Brücken auf, so dass alle Welt sie sehen kann. Andere Länder, andere Sitten.
"Zero Zero Zero", der große, bildgewaltige Achtteiler nach der Buchvorlage von Roberto Saviano, der am Donnerstag bei Sky startet, funktioniert als eine Art pan-mafiöses Serien-Panorama. Er zeigt, wie unterschiedlich die organisierte Kriminalität dies- und jenseits des Atlantiks auftritt: In Kalabrien agiert die ’Ndrangheta aus Verstecken und Abbruchhäusern heraus, ihre Macht ist in der Region omnipräsent, doch die Dons arbeiten im Geheimen. Das in der Serie gezeigte Drogenkartell in Monterrey indes stellt sich selbst und und seine blutigen Taten offen aus.
Doch so unterschiedlich sich die Gangster in den beiden Ländern organisieren und präsentieren - sie sind in ihrem geschäftlichen Wirken längst geeint durch die Globalisierung. Oder sagen wir mal so: Die Mafiosi in Süditalien interessiert es brennend, wenn in Nordmexiko ein Sack Koks umfällt. Es könnte ja ihrer sein.
Gemetzel auf den Märkten Mexikos, Blutrache in Kalabrien
"Zero Zero Zero" - der Titel spielt auf die höchste Reinheitsstufe von Kokain an - erzählt davon, wie junge Gangster aus Monterrey und Kalabrien den Handel auszubauen versuchen und wie eine mit ihnen verbandelte US-Reederfamilie aus New Orleans neue Transportrouten über Afrika für sie ausfindig macht.
Die verheerenden Gemetzel auf den Märkten Mexikos, die archaischen Blutracherituale in den Hügeln von Kalabrien, die riskanten Exkursionen der Reeder durch die Islamisten-Gebiete der Sahara-Zone - das Publikum ist immer mitten drin, wenn sich Machtgefüge und Lieferketten neu ordnen. In langen, kraftvollen Sequenzen sehen wir, wie die Macht des Kokses sich über die Kontinente Bahn bricht.
Savianos Buch erschien bereits 2014, es war ein 450-Seiten-Dossier, in dem er die Schnittstelle von altem Narcoterrorismus und neuem Narcokapitalismus untersuchte. Die verwegenste These darin: Ohne die Investitionen mexikanischer und italienischer Drogenbosse hätte die Finanzkrise 2008/2009 viel härter zugeschlagen. Denn schließlich, so der Autor, machten die Gewinne der Narcoindustrie mehr als ein Drittel der Verluste des Bankensystems aus, die der Internationale Währungsfonds für 2009 angab.
Die Serie rückt ein paar wenige starke Charaktere ins Zentrum, um die im Buch oft abstrakt bleibenden Kapital- und Rohstoffströme nachzuzeichnen. Hinter dem aufwendigen Projekt, einer Co-Produktion von Sky Atlantic, Canal + und Amazon Prime Video, stehen die Showrunner Stefano Sollima, Leonardo Fasoli und Mauricio Katz, die mit Saviano auch schon drei Staffeln der Mafia-Saga "Gomorrha" als State-of-the-art-Fernsehen umgesetzt haben. Und es ist erstaunlich, wie es den Verantwortlichen ein weiteres Mal gelingt, unser Interesse für die Antihelden und ihr auf Gewinnmaximierung geeichtes Gebaren zu gewinnen.
Die Serie rückt ein paar wenige starke Charaktere ins Zentrum, um die im Buch oft abstrakt bleibenden Kapital- und Rohstoffströme nachzuzeichnen. Hinter dem aufwendigen Projekt, einer Co-Produktion von Sky Atlantic, Canal + und Amazon Prime Video, stehen die Showrunner Stefano Sollima, Leonardo Fasoli und Mauricio Katz, die mit Saviano auch schon drei Staffeln der Mafia-Saga "Gomorrha" als State-of-the-art-Fernsehen umgesetzt haben. Und es ist erstaunlich, wie es den Verantwortlichen ein weiteres Mal gelingt, unser Interesse für die Antihelden und ihr auf Gewinnmaximierung geeichtes Gebaren zu gewinnen.
So folgen wir in Monterrey dem Soldaten einer mexikanischen Anti-Drogen-Einheit zwischen die Fronten. Harold Torres, bekannt aus der mexikanischen Netflix-Narco-Serie "El Chapo", spielt diesen Mann als Grenzgänger, der zwischen Glauben und Gewalt wankt und sich nach dem Job beim Militär mit einer eigenen Truppe dem Kartell andient. Wenn er nicht evangelikale Gottesdienste besucht, hält er gerne Andachten über mexikanische Sturmgewehre, die nach alten Gottheiten der indigenen Bevölkerung benannt sind.
Trotz der zum Teil erzreligiösen Milieus in Mexiko und Italien gibt es bei den Unternehmern, Spediteuren und Söldnern in "Zero Zero Zero" eigentlich nur einen Glauben: Ihr Gott heißt Kokain.
spiegel
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