Geldfallen im Alltag: Wenn der Schnäppchenjäger zum Gejagten wird
Diese Tendenz ist nicht verwunderlich, weiß Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Ein rotes Preisschild, ein durchgestrichener Preis und wir verlieren im wahrsten Sinne des Wortes den Verstand.“ Besonders kritisch wird es laut dem Verbraucherschützer, wenn vom Händler dann noch ein zeitlicher Druck ausgeübt wird, etwa durch die Begrenzung der Aktion durch die Worte "nur heute“. In diesem Fall schaltet sich der Verstand des Kunden komplett aus, so Valet, dann wird kaum noch kontrolliert, ob man das Produkt tatsächlich benötigt und - vor allem - ob das Produkt wirklich günstig ist.
"Verbraucher dürfen bei der Schnäppchenjagd nie vergessen, dass der Händler im Prinzip nichts zu verschenken hat. Daher sollten Käufer eine Rabattaktion oder einen Sonderpreis auf ein Produkt immer kritisch hinterfragen, bevor sie kaufen,“ so Vertriebsexperte Jens Löser, der Firmen bei der Umsetzung erfolgreicher Verkaufsstrategien berät. Nicht nur die Sinnhaftigkeit, sondern auch den vermeintlichen Sonderpreis sollten Verbraucher vor dem Kauf hinterfragen, rät Hermann-Josef Tenhagen, Wirtschaftsjournalist und Chefredakteur des Online-Verbrauchermagazins "Finanztip“. Der Finanzexperte rät Verbrauchern daher, stets verschiedene Angebote gründlich miteinander zu vergleichen, um herauszufinden, ob es sich bei einem vermeintlichen Sonderangebot tatsächlich um ein Schnäppchen handelt oder ob der Händler durch das angebliche Angebot einen höheren Preis verschleiert.
Häufig finden Verbraucher das gleiche Produkt durch einen Preisvergleich bei einem anderen Anbieter auch ohne Rabattaktion zu einem günstigeren Preis, so Tenhagen.
Eine große Gefahr für den Geldbeutel lauert für Verbraucher laut der Einschätzung des Verbraucherschützers zudem beim klassischen Lebensmitteleinkauf im Supermarkt. Ohne Einkaufszettel laufen Verbraucher hier schnell Gefahr, unnötige oder zu viele Lebensmittel zu kaufen, die sie am Ende gar wegschmeißen. Zudem rät Tenhagen Verbrauchern, im Laden vorzugsweise mit Bargeld zu zahlen, statt bereits bei den kleinsten Beträgen die EC- oder Kreditkarte zu zücken. "Wer mit Karte zahlt, gibt tendenziell mehr Geld aus. Insbesondere Verbraucher, die mit kleinem Budget zurechtkommen müssen, sollten sich für Einkäufe daher einen bestimmten Geldbetrag festlegen und Produkte nicht mit der Karte bezahlen – wer nur 20 Euro im Geldbeutel hat, kann auch nicht mehr ausgeben und behält damit besser die Kontrolle über seine Finanzen,“ so Tenhagen.
Verschuldungsgefahr bei Ratenzahlungen
Schnäppchen hin, Rabatte her – nicht nur Verbraucher, die ihren Einkauf rund um Sonderangebote planen, sind der Gefahr ausgesetzt, im Alltag in große Finanzfallen zu tappen: Die zweite große Falle beim Einkauf liegt für Verbraucher oftmals nicht in der Frage nach dem Artikel selbst, sondern danach wie ein Produkt gekauft wird. Der Kauf auf Pump bekommt in diesem Zusammenhang eine immer größere Bedeutung – laut Zahlen des Bankenfachverbandes wurden 2014 in Deutschland Waren im Wert von 35,6 Millionen Euro über derartige Konsumfinanzierungen gekauft, Tendenz steigend. Kaum ein Elektrofachhandel, Möbelgeschäft oder Autohändler, bei dem Verbraucher ihre Produkte nicht in bequemen Monatsraten kaufen können.
Mit steigender Präsenz von Händlerkrediten wächst die Bedrohung für den Konsumenten. Die Gefahr: Wer sich den Kaufpreis eines Produktes heute nicht leisten kann, sollte überlegen, ob er das Produkt überhaupt kaufen sollte. Das Risiko einer Verschuldung ist beim Abschluss von sogenannten Null-Prozent-Finanzierungen immens. Kleine Rate hier, kleinere Rate da – schnell verliert man dabei den Überblick über die Summe der Schulden. Für Angebote mit Händlerfinanzierung gilt das gleiche Prinzip wie bei Sonderangeboten, Rabattaktionen oder Coupons: Kein Händler kann seinem Kunden tatsächlich etwas schenken – auch nicht, dass dieser ein Produkt über Jahre abbezahlt, ohne dass der Verkäufer hierfür Zinsen erhält, wie es bei einem normalen Verbraucherkredit üblich wäre.
Verbraucherschützer warnen seit Jahren vor dem Abschluss von Händlerkrediten, da Konsumenten bei dieser Art der Finanzierung häufig nicht bewusst ist, dass sie tatsächlich einen Kredit bei einer normalen Bank abschließen – nicht der Händler, sondern ein Kreditinstitut ermöglicht den Kauf auf Raten. Den tatsächlichen Gewinn beim Abschluss einer derartigen Finanzierung macht am Ende der Händler, nicht der Kunde: Besteht die Möglichkeit, ein Produkt in kleinen Monatsraten zu kaufen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde zuschlägt. Für den Verkäufer winken Umsatz und Kundendaten, der Käufer selbst droht, auf hohen Schulden zu enden – für ein Produkt, dass er möglicherweise gar nicht benötigt.
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, hier und da mal ein Schnäppchen zu schlagen oder auch mal ein dringend benötigtes Produkt auf Raten zu kaufen, wenn die Ersparnisse einen Direktkauf nicht zulassen. Die Frage nach dem Sinn eines Einkaufes und den Überblick über die eigenen Finanzen sollten Verbraucher jedoch beim Eintritt in den Laden nicht abgeben.