Eine Stunde wird die Führung dauern, ein Jahr die Arbeit des Untersuchungsausschusses. Das klingt nach viel Zeit, doch der Vorsitzende Peter Biesenbach hat es eilig. Normalerweise dauere es drei Monate, bis man einen solchen Ausschuss beschlossen, mit einem Auftrag ausgestattet und die Mitglieder gewählt hat. Biesenbach brauchte nur sieben Wochen, um die Arbeit aufzunehmen. Anfang März sollen die ersten Polizisten vernommen werden, die in der Silvesternacht Dienst hatten.
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, trifft man sich nun also öffentlichkeitswirksam in Köln statt hinter verschlossenen Türen in Düsseldorf. Ein symbolischer Termin? "Ja sicher", sagt Biesenbach: "Wir wollen deutlich machen, dass wir es ernst meinen." Die Silvesternacht in Köln war ein dramatisches Ereignis und sie ist auch ein Symbol. All jene, die ohnehin nie an die Integrationsfähigkeit von Arabern, an die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und an die Durchsetzungsfähigkeit des Staates glaubten, haben nun einen Beleg für ihre These.
Keine kritischen Nachfragen der Ausschussmitglieder
Seit das Ausmaß der Übergriffe bekannt ist, versucht der Staat gegenzusteuern: mit dem Rauswurf des Kölner Polizeipräsidenten, mit verstärkter Polizeipräsenz im Alltag und an Karneval, mit Razzien, mit Debatten im Stadtrat, im Landtag und im Bundestag und nun also mit einem Ausschuss. Der soll die Fehler der Polizei aufklären, aber er soll auch das Vertrauen in den Staat retten.
Darum ziehen die 13 Abgeordneten nun zum Rhein, verfolgt von einem Vielfachen an Journalisten, Fotografen und Kameraleuten. Hier sei der Platz, an dem man das Feuerwerk eigentlich viel besser als vor dem Bahnhof verfolgen könne, sagt Fremdenführer Schulz. Und schon geht es weiter unter der Hohenzollernbrücke durch Richtung Breslauer Platz, der auf der Rückseite des Bahnhofs liegt. "Da vorne gibt es die beste Currywurst", sagt Schulz und Biesenbach wiederholt es, damit es alle hören. Keine kritischen Nachfragen der Ausschussmitglieder.
"Ist nichts Wichtiges"
Von hier aus könnte man nun den Hauptbahnhof betreten, das Gebäude, in dem rund 40 Prozent der Straftaten begangen wurden. Doch das passiert nicht. Biesenbach hat noch nicht mit der Bundespolizei gesprochen. Darum hält sich der Ausschuss aus ihrem Zuständigkeitsbereich vorerst fern und umgeht ihn über eine dunkle Unterführung, in der es nach Urin riecht. Zwischen Müll und Baustellenabsperrungen hat sich ein Obdachloser hier ein Lager gebaut.
Die Tour endet auf der Freitreppe, die vom Dom zum Bahnhofsvorplatz herab führt. Der sachkundige Zeuge Schulz wird befragt: Wo ist welche Polizei zuständig? Wie gut ist der Platz nachts beleuchtet? Wo gibt es Kameras? Wo standen die Täter genau? Auf viele Fragen kann Schulz nicht antworten, dass er zum letzten Mal in Köln gearbeitet hat, ist nun 16 Jahre her.
Befragungen in Untersuchungsausschüssen dürfen normalerweise nicht aufgezeichnet werden. Nun drängt sich ein ganzer Pulk von Kameraleuten um den Zeugen. Die Gruppe weckt die Aufmerksamkeit einiger Passanten, einige hören für ein paar Minuten zu. Was hier gerade passiert, verstehen die wenigsten. "Ist nichts Wichtiges", sagt ein junger Mann, während er sich wieder abwendet. "Ein Bürgermeister oder sowas."
Tags: