Die Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd haben zum wiederholten Mal grundlegende Konflikte der US-amerikanischen Gesellschaft offengelegt: Während die einen gegen systemischen Rassismus und Polizeigewalt demonstrierten, wollen die anderen den Status Quo erhalten - allen voran Donald Trump.
Dass der Präsident wenig von der antirassistischen Bewegung hält, machte er zuletzt durch Verleumdungen und Drohungen gegen Protestierende klar. Eine neue Diskussion verstärkt den Eindruck: Der Idee einer Umbenennung von US-Militärbasen, die die Namen von Armeeführern der Konföderierten tragen, erteilte Trump per Twitter eine klare Absage.
Zehn Stützpunkte der US-Armee sind nach Generälen der Südstaaten benannt, die im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) gegen den Norden gekämpft und sich gegen die Abschaffung der Sklaverei und gegen mehr Rechte für Schwarze gewehrt hatten.
Trump preist "Geschichte des Gewinnens, Sieges und der Freiheit"
Der pensionierte US-General David Petraeus hatte diese Woche gefordert, sie umzubenennen. Die Südstaaten-Generäle könnten in der heutigen Zeit nicht mehr als "Quelle der Inspiration" dienen. Das Verteidigungsministerium hatte sich grundsätzlich offen für die Diskussion gezeigt – anders als der Präsident.
Trump schrieb auf Twitter, dass seine Administration keiner Änderung der Namen von bis zu zehn Stützpunkten des Militärs wie Fort Bragg in North Carolina, Fort Hood in Texas oder Fort Benning in Georgia zustimmen würde. "Diese monumentalen und sehr mächtigen Stützpunkte sind Teil eines großartigen amerikanischen Erbes geworden und einer Geschichte des Gewinnens, Sieges und der Freiheit", schrieb der Präsident.
Er nannte die Einrichtungen "heilige Stätten", in denen "Helden" ausgebildet worden seien. "Deswegen wird meine Regierung nicht einmal über die Umbenennung dieser herrlichen und sagenumwobenen militärischen Einrichtungen nachdenken." An Amerikas Geschichte als "größte Nation der Welt", die zwei Weltkriege gewonnen habe, werde nicht gerüttelt. Stattdessen forderte Trump Respekt für das Militär ein.
Symbole für "Grausamkeit und Barbarei": Demokraten fordern Entfernung von Statuen
Am selben Tag forderte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die Entfernung von Denkmälern von Führungsfiguren der US-Südstaaten aus dem Sitz des Kongresses in Washington. Mit diesen elf Statuen werde "dem Hass gehuldigt", schrieb die Anführerin der oppositionellen Demokraten an einen parteiübergreifenden Ausschuss. Die mit diesen Denkmälern geehrten Männer seien für "Grausamkeit und Barbarei" eingetreten.
Im Kapitol stehen Denkmäler von Persönlichkeiten, die im 19. Jahrhundert für den Erhalt der Sklaverei eingetreten waren und deswegen die Südstaaten vom Norden der USA abspalten wollten. Darunter sind Statuen von Jefferson Davis, dem Präsidenten der abtrünnigen Konföderierten Staaten von Amerika und seines Stellvertreters Alexander Stephens. Auch ein Denkmal des Generals Robert E. Lee, der die Südstaaten-Truppen angeführt hatte, steht dort. Der Vorschlag ist nicht ganz neu: Bereits 2017 forderte Pelosi ihre Entfernung.
Dass im Zuge der Proteste gegen Rassismus auch der Kolonialismus eine Rolle spielt, zeigt ein Vorfall in Boston: In der Nacht zum Mittwoch köpften Unbekannte lokalen Medienberichten zufolge eine Statue von Christopher Kolumbus. Dieser war einer der ersten Europäer in der sogenannten Neuen Welt und wird häufig als Entdecker Amerikas bezeichnet. Historiker und Bürgerrechtler kritisieren ihn für sein gewalttätiges Verhalten gegenüber den Ureinwohnern Amerikas und werfen ihm vor, zum transatlantischen Sklavenhandel beigetragen zu haben.
Nach dem Vorfall in der Nacht kündigte Bostons Bürgermeister Marty Walsh an, auch den Rest des Denkmals abzubauen. Auch in Richmond im US-Bundesstaat Virginia wurde laut dem TV-Sender NBC 12 ein Kolumbus-Denkmal gestürzt, in Brand gesteckt und in einen See geworfen.
Reaktionen auch in Motorsport und Streaming
Unterdessen verbot die beliebte Motorsport-Serie Nascar am Mittwoch den künftigen Einsatz der Kriegsflagge der Konföderierten bei ihren Rennen. "Die Anwesenheit der Konföderierten-Flagge bei Nascar-Veranstaltungen widerspricht unserer Verpflichtung, ein inklusives Umfeld für alle unsere Fans, Teilnehmer und unsere Industrie zu bieten", hieß es in einer Stellungnahme. Der einzige afroamerikanische Nascar-Fahrer, Bubba Wallace, hatte sich erst vor wenigen Tagen für ein solches Verbot ausgesprochen.
Doch nicht nur Statuen und Symbole werden im Zuge der Rassismus-Debatte infrage gestellt: Der US-Streaminganbieter HBO max sorgte für Aufsehen mit der Ankündigung, den Filmklassiker "Vom Winde verweht" vorerst aus dem Programm zu nehmen. Das zu Warner Media gehörende Unternehmen wolle dem Film Erklärungen zu dessen rassistischen Vorurteilen und der problematischen Darstellung von Sklaverei zur Seite stellen, erklärte ein Sprecher. "Er wird mit einer Erläuterung seines historischen Kontexts und einer Distanzierung von den rassistischen Darstellungen ins Programm wiederaufgenommen werden", hieß es laut "Hollywood Reporter" in einem Statement des Unternehmens.
"Vom Winde verweht" ist 1939 erschienen und erzählt die Geschichte der Gutsherrin Scarlett O'Hara in den US-Südstaaten zu Zeiten des Bürgerkrieges. Auch nach der Abschaffung der Sklaverei stehen mehrere afroamerikanische Charaktere freiwillig und loyal zu Scarletts Familie, Probleme durch Sklaverei werden in dem Klassiker nicht thematisiert.
spiegel
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