US-Republikaner wettern gegen "amtierenden Präsidenten"

  12 Juni 2020    Gelesen: 753
US-Republikaner wettern gegen "amtierenden Präsidenten"

"Die größte Gefahr geht vom Weißen Haus" aus, heißt es ausgerechnet im Wahlprogramm der US-Republikaner. Das klingt, als würde die Partei gegen Donald Trump rebellieren - aber er muss sich keine großen Sorgen machen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Partei in den USA den amtierenden Präsidenten kritisiert, ganz im Gegenteil: Politisch motivierte Attacken gegen einen Amtsinhaber gehören zur Grundausrüstung und Sätze wie "Die größte Gefahr geht vom Weißen Haus aus" sicher noch zu den harmloseren. Bemerkenswert allerdings wird es, wenn der da so runtergeputzte Präsident aus der eigenen Partei kommt. Genau das ist laut "New York Times" aktuell der Fall.

Die Erklärung für diese Kuriosität ist simpel: Seit dem Wahlkampf 2016, als noch Barack Obama im Weißen Haus saß, ist das 66 Seiten starke Parteiprogramm praktisch nicht überarbeitet worden. Nun ist wieder Wahlkampf - allerdings heißt der Amtsinhaber im Weißen Haus inzwischen Donald Trump.

Und so finden sich im aktuellen Parteiprogramm der Republikaner nach Analysen der "New York Times" mehr als drei Dutzend harsche Verweise auf den "amtierenden Präsidenten", die "amtierende Regierung", den "derzeitigen Bewohner" des Weißen Hauses.

"Das Überleben des Internets steht auf dem Spiel", heißt es dort an einer Stelle. "Und die größte Gefahr geht vom Weißen Haus aus. Der aktuelle Inhaber hat eine Kampagne gestartet, im eigenen Land wie international, um es der Regierung zu unterwerfen." Gemeint ist hier allerdings nicht Trump, der erst vor wenigen Wochen Twitter und anderen Diensten in den sozialen Netzwerken mit Intervention gedroht hatte. Die Kritik geht gegen Trumps Vorgänger Obama.

Auch der Vorwurf eine "soziale und kulturelle Revolution", "einen gewaltigen Anstieg der Staatsschulden" und eine Verschlechterung der Beziehungen zu den internationalen Partnern voranzutreiben, richtet sich an Obama. Im Programm liest es sich allerdings, als sei Trump gemeint. Und auch hier ließen sich durchaus Bezüge zum aktuellen Geschehen ziehen.

Kushner hätte sich eigentlich um die Überarbeitung kümmern sollen
Das Programm wird nach Informationen der "New York Times" für die 2020-Kampagne kurzerhand recycelt. Das hängt auch mit den Verwerfungen durch die Coronakrise zusammen.

Eigentlich hätte der Parteitag in Charlotte, North Carolina, Gelegenheit geboten, das Programm zu überarbeiten. Doch dann überwarf sich Trump wegen Fragen zu den Corona-Vorschriften mit dem Bürgermeister der Stadt und die Veranstaltung in dem Südstaat wurde gekippt. Nun soll stattdessen Jacksonville in Florida den Parteitag ausrichten. Ein Termin ist allerdings noch nicht offiziell.

Vor diesem Durcheinander hatte es in der Partei tatsächlich Bestrebungen gegeben, das Programm zu überarbeiten. Daran hätte auch der Trump-Schwiegersohn und Berater Jared Kushner maßgeblich beteiligt gewesen sein sollen. Parteiintern hätte das längst nicht nur Begeisterung ausgelöst, schreibt die "New York Times".

spiegel


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