Ob das Busunternehmen von Thomas Schlüter die Corona-Krise übersteht, ist ungewiss. "Ich bin ein optimistischer Mensch und hoffe, dass wir Ende des Jahres nicht Insolvenz anmelden müssen. Aber ich sehe nicht, wie wir das schaffen sollen", sagt Schlüter ntv.de. Seine siebzig Angestellten sind seit März auf hundert Prozent Kurzarbeit. Von seinem Hof im Berliner Bezirk Tempelhof rollt keiner seiner zwanzig Busse mehr.
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat das Busgewerbe mit einer Stornierungswelle zu kämpfen. Spätestens mit dem Verbot von Busreisen vom 17. März standen alle Fahrzeuge still. Inzwischen haben einige Unternehmen zwar ihr Geschäft wieder aufgenommen, doch der Corona-Stillstand könnte für Hunderte Traditionsbetriebe das Aus bedeuten.
"Ich weiß momentan wirklich keinen Ausweg. Der komplette Charterbereich ist tot". Und auch wenn die Reisewarnungen aufgehoben sind, kommen keine neuen Aufträge rein. Die Menschen seien sehr verhalten und ängstlich. "Es scheint so, als hätten die Deutschen akzeptiert, dass sie dieses Jahr im eigenen Land Urlaub machen und mit dem Auto anreisen", sagt Schlüter. Die Buchungslage sei katastrophal.
Tausend Busse aus ganz Deutschland werden deswegen heute bereits zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit nach Berlin rollen um bei der Politik eine finanzielle Entschädigung einzufordern - in der Hoffnung diesmal gehört zu werden.
Zuschüsse für Zeit der Fahrverbote
Um eine Insolvenzwelle im Busgewerbe zu vermeiden, fordert die Branche konkrete Zuschüsse für die Zeit der allgemeinen Fahrverbote. Die Höchstgrenze für Überbrückungshilfen sei willkürlich und zu niedrig angesetzt und werde der Branche mit seinen hohen Investitionskosten nicht gerecht. Die Finanzierung eines Busses kostet laut Schlüter im Schnitt 4.000 Euro im Monat. Die Unterstützung von 50.000 Euro über drei Monate sei zwar richtig viel Geld. "Ich mache aber bei null Einnahmen alleine in einem Monat 80.000 Euro Verlust."
Auch weil die laufenden Kosten im Bustourismus so hoch und Einnahmen auf einen kleinen Zeitraum konzentriert sind, fordert der Verband BDO branchenspezifische Hilfen vom Staat. Schließlich gebe es keinerlei Möglichkeiten, das eigentliche Geschäft durch digitale Alternativen zu ersetzen oder im beschränkten Umfang anzubieten. "Die bisherigen Hilfen erlauben es Unternehmen gerade mal wieder hochzufahren", sagt BDO-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard ntv.de. Das Busreiseverbot habe nach Berechnungen des Verbands allein 170 Millionen Euro Vorhaltekosten verschlungen. Die hohen Umsatzrückgänge und Rückzahlungsverpflichtungen seien in dieser Summe noch gar nicht berücksichtigt.
Im Gegensatz zum Schienen- oder Flugverkehr und den großen Reisekonzernen gibt es für den Mittelstand im Busgewerbe kein Rettungspaket. "Uns Busunternehmer sieht man überhaupt nicht", sagt Schlüter. Er glaube nicht, dass die Branche ohne staatliche Hilfen mit einem blauen Auge davonkommen wird. Mithilfe von KfW-Krediten könnten Unternehmen nur einige Monate überleben. Schließlich müsse das Geld auch zurückgezahlt werden. "Ich kann aber keinen Bus doppelt vermieten, um die Raten zu bezahlen. Das Problem verschiebt sich nur."
Höhere Auflagen für Busgewerbe
Die Wiederaufnahme des Reisebusverkehrs verläuft laut BDO schleppend, weil die Bedingungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind und strenge Vorgaben gelten, die weit über die Anforderungen in Bahn und Flugzeug hinausgehen. Bei Fernzügen der Bahn und beim Flugverkehr müsse nämlich keine Abstandsregel eingehalten werden. "Egal ob im Flug-, Bahn- oder Busverkehr: In allen Verkehrsmitteln sollten die gleichen Standards und Hygienevorschriften gelten", sagt Leonard.
Auch wenn die Busse jetzt wieder rollen, eine Regeneration der Busbranche ist laut BDO auf lange Sicht nicht möglich, da Busreisen lange im Voraus geplant werden müssten und Reisen nicht einfach so nachgeholt würden. Ohne passgenaue direkte Finanzhilfen bringe das Konjunkturpaket der Bundesregierung für das Busgewerbe keine Rettung, kritisiert der Branchenverband.
Quelle: ntv.de
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