Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd haben die weltweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt auch eine neue Debatte über die Kolonialgeschichte vieler europäischer Länder ausgelöst. In Großbritannien hatten sich am Donnerstag dann mehrere Banken und Institutionen für ihre Verwicklungen in den transatlantischen Sklavenhandel entschuldigt. Einigen Karibikstaaten geht das aber nicht weit genug.
Britische Finanzinstitute sollten neben einer Entschuldigung auch angemessene Abbitte für ihre Sünden leisten, hieß es in der Reaktion eines regionalen Bündnisses mehrerer karibischer Länder. Die Verantwortlichen sollten einen Teil ihres Wohlstands zurückgeben und damit die Entwicklung in einem Epizentrum des einstigen Sklavenhandels fördern.
"Es reicht nicht, sich nur zu entschuldigen", sagte Hilary Beckles, der Vorsitzende der Reparationskommission Caricom. Es gehe nicht darum, zu betteln und Schecks an jeder Straßenecke verteilen zu wollen. "Das Thema Geld ist zweitrangig", sagte Beckles weiter. Es gehe viel mehr darum, moralische Pflichten zu erfüllen und zu einer besseren Entwicklung beizutragen. Die Caricom wurde in den karibischen Staaten eingesetzt, um Entschädigungen von ehemaligen Kolonialmächten wie Großbritannien, Frankreich und Portugal zu fordern.
Zuvor hatten mehrere Unternehmen, Banken und Institutionen in Großbritannien öffentlich Reue gezeigt für die Rolle, die sie im Sklavenhandel gespielt haben. Es sei eine "Quelle der Schande", dass Personen innerhalb der Kirche Sklaven gehalten und damit Profit gemacht hätten, sagte eine Sprecherin der Church of England. Gleichzeitig hätten Kirchenvertreter aber auch eine führende Rolle bei der Abschaffung der Sklaverei gespielt.
Der "Telegraph" hatte am Donnerstagabend über eine Recherche des University College London berichtet, wonach knapp 100 Geistliche Entschädigungen erhielten, beispielsweise für Plantagen in der Karibik, als die Sklaverei 1833 in Teilen des Britischen Empire abgeschafft wurde. Insgesamt wurden demnach damals 47.000 Personen entschädigt.
Die Bank of England teilte über einen Sprecher mit, es habe "unentschuldbare Verbindungen" früherer Notenbankchefs und Direktoren gegeben und sie entschuldige sich dafür. Es werde nun sichergestellt, dass die Porträts der betroffenen Personen im Gebäude der Notenbank abgenommen werden. Als Institution sei die Bank of England aber nie am Sklavenhandel beteiligt gewesen, sagte der Sprecher.
Die Royal Bank of Scotland, deren Vorgängerorganisationen ebenfalls Verbindungen zur Sklaverei nachgewiesen wurden, versprach finanzielle Unterstützung für Gruppen, die sich für die Anliegen von Minderheiten einsetzen. Auch Barclays zeigte sich reumütig. Zuvor hatten sich auch die Pub-Kette Greene King und der Versicherungsmarkt Lloyd's of London für ihre Verbindungen zum Handel und der Ausbeutung von Sklaven entschuldigt.
spiegel
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